„The plot need not be the best possible“, liest man auf einem Graffiti auf Seite 6 – und das scheint hier der Anspruch zu sein, denn es handelt sich um ein Batman/Deadpool-Crossover. Solche Events haben selten eine ausgefeilte Geschichte zu erzählen, sie sollen bloß Spaß machen. Und so ist es auch hier, nur dass Grant Morrison stattdessen voll auf die Meta-Ebene setzt. Und wohl deshalb lautet sein zweiter Hinweis an uns: „Play attention“ (!).
Es beginnt mit den zwei personifizierten Universen (wie schon in JLA/Avengers), die sich antanzen und einander näher kommen. Eins führt zum anderen, heißt es. Später landen sie gemeinsam im Bett, was anscheinend nicht so gut ausgeht. Sie will ihn daraufhin online bewerten, was ihn empört, weil es ihm verfrüht erscheint. So viel zur Rahmenhandlung.
Die eigentliche Story: Batman besucht den Sportsmaster (Victor Gover), der bei einem Einsatz seine Frau verloren hat. Kurz darauf ist Batman in Griechenland und redet zu irgendwem irgendwas von irgendeinem Ding, das die Realität verändern kann. Als er einen fremden Batarang sieht, nähert sich ihm eine weiße Hand von hinten. (Die beiden Universen küssen sich.) Und auf der nächsten Seite ist Batman plötzlich durchlöchert von Pfeilen wie der Heilige Sebastian, während Deadpool ihn über einen Golfplatz trägt.
Der Mann aus Stahl gegen Captain Marvel, das sieht auf dem Papier einfach gut aus: Blau gegen Rot, mit ein paar gelben Klecksen, die perfekten Antipoden. Daher wurde der ewige Widerstreit der Gleichgesinnten auch in den 90ern fortgesetzt. In Superman #102 (1995) kämpfen die beiden gegeneinander, nachdem die Schurkin Blaze dafür sorgt, dass sie jeweils Cyborg und Black Adam in einander sehen. Es wird sogar ein grünes Auto geworfen! Und am Ende wollen Ma und Pa sogar kurz Billy Batson adoptieren – doch leider kommt es nicht dazu, obwohl das sicher eine tolle Story gegeben hätte. (Idee für Elseworlds: Was wäre, wenn Billy in Smallville aufgewachsen und Superman ein ewiges Waisenkind geblieben wäre?)
Das Autowerfen ist eine alte Superheldentradition.
Ein Jahr später arbeiteten die Helden wieder zusammen, als Billy Batson mit dem Zauberer Shazam nach Metropolis kommt, um nach dem Schurken Satanus (Collin Thornton) zu suchen und dieser über die Droge DMN Menschen in Dämonen verwandelt („The World’s Mightiest Mortals!“, Superman: The Man of Tomorrow #4, 1996). Shazam verwandelt die Drogenopfer wieder in Menschen zurück.
Am Ende wollen die Helden aber doch noch Kräfte messen, beim Armdrücken. Zwei Stunden lang bleibt es beim Unentschieden. Wie es ausgeht, erfahren wir nicht. Gerade wenn die Story interessant wird, bricht sie ab! Immerhin sammelt man dabei Spenden für einen guten Zweck …
Nach über 20 Jahren soll es in diesem Jahr endlich mal wieder ein neues Crossover zwischen DC und Marvel geben: Im September trifft Batman zunächst auf Deadpool (nicht zu verwechseln mit Deadshot oder Deathstroke!) in einem One-Shot von Marvel, im November folgt dann der zweite Teil von DC. Geschrieben und gezeichnet wird der erste Teil von Zeb Wells und Greg Capullo (Court of Owls, Last Knight on Earth), das zweite von Grant Morrison (Batman and Son) und Dan Mora (Batman/Superman: World’s Finest). Letzteres Heft soll ein „exciting lineup of backup stories“ enthalten, so DC. Darin soll es „dynamic matchups between beloved characters from both universes“ geben. Was das heißt, darüber hüllt sich der Verlag noch in Schweigen.
Erst vor kurzem erschienen die meisten der bisherigen DC-Marvel-Crossover als Omnibus-Ausgaben.
Acht Jahre lang saß Val Kaliban alias Spook, der eigentlich Valentin Kalibanicz heißt, im Blackgate-Hochsicherheitsgefängnis. Ein Musterinsasse, der nicht einmal während des Bebens versuchte, auszubrechen. Nun kommt er auf Bewährung raus, lebt in einem Wohnheim für Ex-Häftlinge. Er scheint rehabilitiert, will auf keinen Fall wieder in den Knast zurück. Doch schon bald zeigt sich eine aggressive Seite, als ihn ein Mitbewohner mit seinem Kaugummi aufregt. Und kurz darauf hypnotisiert er einen Bankangestellten, ihm mehr Geld herauszugeben, als ihm zusteht.
Nightwing und Robin, die ihm auf den Fersen sind, bringen ihn dazu, das Geld zurückzugeben. Dann will ihn auch noch KGBeast rekrutieren. Batgirl (Cassandra Cain) kommt dazwischen. Schließlich tut er so, als würde er einen Laden überfallen und lässt sich wieder festnehmen.
Hat erst das Misstrauen der Bat-Family ihn dazu gebracht? Batman sieht es gelassen: Sie hätten ihm nur gezeigt, dass er noch nicht reif genug sei. Kalibanicz hingegen findet, dass Gotham City auch nur ein Knast ist, nur mit mehr Metall, Beton und Aufsehern.
Titel: Wonder Woman Earth One Vol. 1-3 (dt. Erde Eins)
Autor/Zeichner: Grant Morrion/Yanick Paquette
Erschienen: 2016/2018/2021 , dt. Panini 2016-2021
Hippolyta, die Königin der Amazonen, kniet gefesselt in Dreck, mitten unter Schweinen, über ihr lacht der Mannn im Löwenmantel: „To heel, bitch of Hercules!“ Die anderen Amazonen sind gefangen, versklavt von seinen Männern. Doch dann nimmt Hippolyta den Zaubergürtel wieder an sich, erdrosselt Herkules und befreit sich und ihre Schwestern von der Knechtschaft durch die Männer.
So beginnt die Geschichte von Wonder Woman auf Earth One von Grant Morrison. In ähnlicher Form ist sie seit 80 Jahren bekannt (siehe All-Star Comics #8, 1941), aber so wurde sie noch nie erzählt: drastisch, aber auch ausdrucksstark und eingebettet in Bruchstücke antiker Malerei: Zeichner Yanick Paquette legt sich mächtig ins Zeug und ihm gelingt ein wahrer Hingucker auf jeder Seite. Nach dem Prolog ist Paradise Island 3000 Jahre später eine Pracht, idyllisch gelegen, klassizistisch bebaut und hochtechnisiert mit Fluggleitern und Heilungsstrahlen.
Zurück zu den Ursprüngen
Hier wird Prinzessin Diana in Ketten vorgeführt und angeklagt, weil sie sich mit der Welt der Männer eingelassen hat. Sie brachte den abgestürzten Piloten Steve Trevor zurück in seine Heimat und offenbarte so die Existenz der Amazonen. Anders als in der Urfassung der Geschichte von William Moulton Marston nimmt Diana nicht am Wettkampf teil, um auszulosen, wer Trevor nach Hause bringen soll. Dennoch tritt sie als Rebellin auf, die nach eigenem Kopf und Gewissen handelt. Sie hinterfragt ihr Erbe als Prinzessin. Anspielend auf ihre Entstehung aus Lehm sieht sie sich als Dreck, der sich nur einbildet, am Leben zu sein. Sie provoziert, indem sie sich für den Wettkampf den Löwenkopf des Herkules aufsetzt – die Maske des Unterdrückers. Zum Schluss stellt sich heraus, dass sie die Tochter des Herkules ist, eine Waffe Hippolytas gegen die Welt der Männer.
Wonder Woman: Earth One erzählt damit die altbekannte Geschichte in einer verblüffend frischen Variation, ohne die vertrauten Elemente und Figuren aufzugeben, betont aber vor allem die Ursprünge der Figur wie die Fesselspiele und die dazugehörige Unterwerfung unter eine liebende Autorität („submission in loving authority“). Im Unterschied zu ihrer klassischen Corsage trägt Diana hier ein Korsett sowie geschnürte Stiefel. Steve Trevor legt sie ein Hundehalsband um.
Ende des Patriarchats
Das zentrale Thema ist hier der Feminismus, der sich von einer unterdrückenden Welt der Männer abgrenzt. Von Anfang an wird Wonder Woman angefeindet und vom Milität für eine Bedrohung gehalten. Diana will die Welt vor dem Übel bewahren, indem sie sie den Amazonen unterwirft. „Then all be well. Trust me.“ Am Ende wird sie freigesprochen und setzt sich durch: Sie präsentiert sich der Welt, um sie zu einem besseren Ort zu machen – vor allem für Frauen. Das bedeutet ein radikales, aber friedliches Ende des Patriarchats.
Im zweiten Teil stellt sich Wonder Woman kritischen Fragen zu ihrer „unrealistischen“ Figur, der Inklusion von Trans-Frauen und inwiefern ihre Mission anmaßend ist. Wie anpassungsfähig sie selbst ist, zeigt eine Sequenz, in der sie Frauen im Nahen Osten von Terroristen befreit und dabei in einem Niqab auftritt.
Undercover, aber nicht gerade unauffällig: Wonder Woman im Niqab. (DC Comics)
Nach einem Kampf gegen die Nazifrau Paula von Gunther („Uberfraulein“) und Dr. Psycho kommt es im dritten Teil zum Finale mit Maxwell Lord, der sich als Kriegsgott Ares entpuppt, der eine Reihe von Killer-Robotern auf die Insel schickt. Diese Schlacht wird etwas zu mühelos geschlagen, als dass hier Spannung aufkommen könnte.
Interessant ist aber das Resultat: Die Welt wird zum weiblichen Utopia, in dem die Männer den Frauen als Haustiere dienen. Aufständische werden mit Liebe besiegt. All you need is love? Fast zu schön, um wahr zu sein. Für die Machos dieser Welt, die ihre Vormachtstellung schwinden und sich dadurch diskrimiert sehen, eine Horrorvorstellung, die sicher als Provokation dient. Aber eine, über die es sich nachzudenken lohnt.
Detective Comics #1027 von Andy Kubert (DC Comics)
Man muss nicht abergläubig sein, um zuzugeben, welche Macht Zahlen auf uns haben. Schlaue Marketing-Leute wissen das. Und so feiern wir nicht nur mittlerweile alle fünf Jahre ein Batman-Jubiläum, auch jede runde Heftnummer wird schon zu einer Jubiläumssonderausgabe aufgeblasen, auch wenn eine #50 heute nur noch halb so viel wert ist wie noch im 20. Jahrhundert, da Batman und Detective Comics immer noch zweiwöchentlich erscheinen, aber dafür hebt man sich dann „Batmans Hochzeit mit Catwoman“ auf. Batman #100 muss natürlich auch was Besonderes sein. Und Detective Comics #1000 fiel im vergangenen Jahr mit Batmans 80. Jahrestag zusammen. Und dieses Jahr ist sogar Nummer #1027 144-Seiten stark. Warum? Weil es Batmans 1000. Aufritt in der Serie ist (die Nummern 0 und 1.000.000, sowie 23.1-4, Annuals und Specials natürlich nicht mitgezählt).
Die Idee ist nicht neu: Bereits 1991 wurde Detective Comics #627 mit drei Nacherzählungen von The Case of the Chemical Syndicate (Detective Comics #27, 1939) gefeiert. Jetzt also zwölf ganz neue Kurzgeschichten von der Crème de la Crème der Branche, übliche Verdächtige wie King, Snyder, Tomasi und Tynion, Veteranen wie Bendis, Morrison, Wolfman, Jurgens und Rucka, aber auch Batman-Neulinge wie Matt Fraction sowie die beiden Autorinnen (!) Mariko Tamaki und Kelly Sue DeConnick dürfen je eine Story beitragen. (Ganz zu schweigen von den fähigen Zeichnern.)
Mal wieder Joker
Jeder Autor widmet sich einer anderen Facette des Dunklen Ritters: Brian Michael Bendis lässt Batman sich mit der Batman-Family als Detektiv betätigen, Greg Rucka lässt seine Gotham-Central-Zeit wiederaufleben, indem er den Werdegang einer jungen Polizistin in Gotham erzählt, die nicht nach den Regeln spielt – und (wie oft in der Serie) von Batman gerettet wird. In Ghost Story trifft Batman mit Robin auf Deadman, in einer anderen prügelt er sich mit Dr. Phosphorus (gezeichnet von Walter Simonson) und Marv Wolfmans Beitrag ist nicht mal eine Erwähnung wert.
Und was kommt von den Neulingen? Kelly Sue DeConnick zeigt, wie Bruce Wayne beim Golfspielen geschickt gegen Korruption vorgeht – auf jeden Fall eine der stärkeren Geschichten. Fraction erzählt, wie der Joker Batman jedes Jahr ein Geburtstagsgeschenk überreicht. Die Pointe: Joker selbst ist das Geschenk – in ewiger Verbundenheit. Diese Tatsache beweist auch die letzte Story in dem Heft, einem Tie-in von Mariko Tamaki zum Joker War. Ohne Joker geht es nicht mehr, wir erleben derzeit eine regelrechte Joker-Flut und nach meiner Meinung läuft es sich tot. Weniger Joker wäre mehr. Andere klassische Schurken hätten mehr Aufmerksamkeit nötig.
Batmans Vorläufer und Vorbilder
Peter J. Tomasi macht es so, wie es nicht sein sollte: Seine Story von Batman in einer Todesfalle dient nur zum Anlass, seitenweise Pin-ups von Batmans Rogue-Gallery aneinanderzureihen. Damit werden die Figuren wie so oft in letzter Zeit zu bloßen Statisten degradiert. Ähnlich ist es mit Scott Snyders As Always, wo es darum geht – aufgehängt am Symbol des Bat-Signals – Batmans Rolle als kosmischen Kämpfer an der Seite der Justice League darzustellen. Hauptsache, es kommen alle anderen auch mal vor. Dan Jurgens deutet mit Generations: Fractured das nächste Event an, in dem die Zeit (schon wieder) aus den Fugen gerät und Batman in sein Ur-Kostüm von 1939 schlüpfen lässt. Die Welle der Nostalgie rollt immer weiter, in ewiger Retro-Schleife … (siehe auch Zero Year)
All diese Häppchen lesen sich schnell weg und sind ebenso schnell wieder vergessen. Was bleibt aber hängen? Vielleicht höchstens Grant Morrisons Detective #26, eine schöne Hommage an Batmans Vorbilder (bzw. Vorläufer): Ein Mann in Gotham beschließt, in Anlehnung an den Crimson Avenger und The Shadow, zum maskierten Rächer Silver Ghost zu werden – bis ihm dann ein Kerl in Fledermauskostüm zuvorkommt. Damit greift Morrison geschickt die Prämisse von der Batman TAS-Episode Beware of the Gray Ghost (Das graue Phantom) wieder auf, indem er darstellt, dass Batman selbst nur zusammengesetzt ist aus verschiedenen Versatzstücken – von Zorro bis Sherlock Holmes, von Leonardo bis The Bat Whispers.
Detective Comics #1027 bietet also viele Seiten fürs Geld, darunter auch viele prächtig gezeichnete, mit einer Reihe wunderbarer Pin-ups (Lee Bermejo ehrt die ersten Batman-Serials!), aber am Ende ist es doch nur eine weitere aufgeblasene Jubiläumsausgabe, die bloß viel Luft bietet – besonders nach oben.
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Im Jahr 2011 setzte DC mal wieder die Superheldenzeit zurück und auch alle Heftnummern begannen wieder von vorn. Bei Superman durfte Grant Morrison (All-Star Superman, JLA, Batman and Son) alles noch einmal von vorn erzählen. Grant Morrison steigt in die Story ein, als Superman bereits seinen ersten Auftritt gehabt und seinen Namen bekommen hat, aber noch nicht etabliert ist. Bei ihm ist Superman zuerst ein junger Mann mit Superman-T-Shirt, weiten Hosen und Arbeiterstiefeln, der sich als Clark Kent beim Daily Star (Konkurrenzblatt des Daily Planet) und als Blogger für die Rechte der Unterdrückten einsetzt.
Damit wählt Morrison einen Ansatz, bei dem er auch historisch ganz an den Anfang zurückgeht. Superman war bereits in seinen allerersten Geschichten ein Kämpfer für die Arbeiterklasse. Hier ist er ein Angry Young Man, der es mit einem bösen Großunternehmer aufnimmt und ihn mit Drohungen zu einem Geständnis zwingt. Und nebenbei hält er einen entgleisten Zug auf und was Superman sonst noch so macht. Als erstes wird er vom US-Militär gejagt, angeführt von General Lane und beraten von Lex Luthor, der als „bester Wissenschaftler“ der Welt gilt. (Auf welchem Gebiet? Wohl auf allen.) Zu bgeinn wird Superman auf einem elektrischen Stuhl gefoltert und kann sich selbst befreien. Luthor hasst ihn aus dem altbekannten Motiv: Fremdenfeindlichkeit.
Nach diesem Vorspiel bekommt Superman es aber mit Brainiac zu tun, dem Weltensammler. Abgesehen davon, dass Brainiac mehr wie ein riesiger Wurm aussieht als ein Mensch, bleibt die Story nah an den Versionen, die man aus dem Silver Age und der Geoff Johns-Version kennt. Nach Kandor entführt Brainiac das Zentrum von Metropolis, Superman macht das wieder rückgängig. Luthor hatte mit Brainiac paktiert, um ihn hereinzulegen, ist dann aber selbst reingefallen. Nebenbei wird John Corben zu Metallo, allerdings noch ohne diesen Namen anzunehmen. Und andeutet wird, dass Brainiac lediglich die Welten vor einer viel größeren Gefahr bewahren wollte, die noch kommen wird.
Auch als Morrison nach ein paar Ausgaben von Supermans Ursprung erzählt, bleibt er nah am Altbekannten. Kleine Variationen: Krypton ist nicht mehr so steril und lebensfeindlich wie noch bei John Byrnes Man of Steel und in der Rakete ist nur Platz für das Kind (statt für Lara). Superman wird von Jonathan und Martha Kent gefunden, die Rakete aber vom Militär konfisziert. Das Paar hinterlässt ein deformiertes totes Kalb, um die Wissenschaftler in die Irre zu führen. (Möglichen DNA-Analysen zum Trotz geht selbst Luthor später davon aus, dass es ein Alien ist …) Später sehen wir wieder die alte Anekdote, als der junge Clark einen Stier einfängt und auf die Legion of the Superheroes trifft – das gab es bereits früher schon, auch in Superman: Secret Origin.
Supermans Kostümwahl wird nicht erklärt. Die Farbe von Supermans T-Shirts schwankt, mal blau, mal weiß, mal rot. Sein Logo stammt von dem roten unzerstörbaren Stoff, der bei ihm in der Rakete lag, und nun als Cape dient. Seinen Ganzkörperanzug bekommt er erst in Brainiacs Schiff; es handelt sich um einen kryptonischen Anzug, eine Art Rüstung, die nach Belieben das Aussehen ändern kann. Kaum ist Superman drin, wird die Kleidung blau. Trotzdem kehrt Superman danach immer noch zum T-Shirt zurück, es braucht eine Weile, bis er nur noch den Anzug trägt. (Dieser Anzug mit seinem Kragen und seinen vielen unnötigen Linien hat für viel Kritik gesorgt. Er nimmt der Figur viel von seiner einstigen Schlichtheit, die ihn seit den 40ern fast unverändert – mit kurzen Ausnahmen – wiedererkennbar machte.)
Gegenüber der Justice League ist Superman das soziale Gewissen, das lieber den Hunger in Somalia bekämpfen würde, statt nur auf den nächsten Alien-Gegner zu warten. Aber was das Storytelling angeht, ist Grant Morrison leider nicht halb so ambitioniert. Ihm fehlt die zündende Idee seiner Geschichten, bei der man den Eindruck bekommen könnte, hier wird Superman neu erfunden. Sprunghaft handelt er die altbekannten Elemente und Figuren ab (z.B. den Superhund Krypto), darunter auch die Schurken (Luthor, Brainiac, Metallo, Kryptonite-Man), fügt neue hinzu, aber ohne dass sie ein großes Problem darstellen oder im Gedächtnis bleiben.
DC Comics
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Erst im dritten Teil (Action Comics #13-18) entspinnt Morrison eine Handlung, die sich mehr Zeit lässt, allerdings auch so vollgepackt ist mit Figuren und Zeitsprüngen (Stichwort: Legion of Superheroes), das man leicht den Überblick verlieren kann. Lord Vyndktvx, ein böses Wesen aus der fünften Dimension, greift Superman an verschiedenen Punkten in der Zeit an, dabei tötet er auch Jonathan und Martha Kent. Superman kämpft gegen einen Super-Doomsday und trifft erstmals auf Mr. Mxyzptlk. Die Story nervt genauso wie die meisten anderen Fünfte-Dimension-Geschichten.
Leider gibt sich Morrison aber auch keine Mühe, seiner Hauptfigur viel Tiefe zu verleihen. Ein kurzes Praktikum als Feuerwehrmann bekommt Clark Kent, dazu ein paar gute Ratschläge seines Ziehvaters, aber das war’s auch schon an Selbstfindung. Auch wenn er zu Beginn noch nicht fliegen, sondern nur springen kann (auch das eine Reminiszenz an das Golden Age): Superman erscheint als der Übermensch schlechthin. Und das ist der Inbegriff des Spannungskillers. Er kann sogar die Daten auf einem USB-Stick lesen und sich in fünf Minuten alles medizinische Wissen aneignen, um eine perfekte OP an Lois durchzuführen. Dabei täte es einem, der ohnehin so ziemlich alle Kräfte in sich vereint, gut, etwas weniger von allem zu können, um noch irgendetwas als Herausforderung zu empfinden.
Die ersten dieser neuen Ausgaben von Action Comics lesen sich wie eine Pflichtübung, bei der man voraussetzt, dass die Leser alles bereits kennen und wissen. Und für die, die es nicht kennen, wird alles im Schnellverfahren abgehandelt. Nichts daran rechtfertigt den Neustart, den Superman hier hinlegt, außer die 1 auf dem Cover, die neue Leser anlockt. Das Prinzip funktioniert immer wieder: Der Verkauf von Action Comics legte 2011 und 2012 stark zu.
Morrisons Superman-Reboot zeigt das Dilemma, in dem der moderne Mythos steckt: Einerseits gilt es, ständig neue Leser zu gewinnen, andererseits will man die alten Leser behalten. Um diesen Spagat zu schaffen, braucht man zum Einen eine konservative Linie, die eine gewisse Wiedererkennbarkeit garantiert, zum Anderen braucht man auch Innovation, um alte wie neue Leser bei Laune zu halten. Bei einer Figur wie Superman, die mittlerweile eine 80-jährige Geschichte vorzuweisen hat, bedeutet das, eine sehr große Last der Tradition mit sich herumzutragen und immer wieder frisch halten zu müssen.
Daher ist die Serie Action Comics am Anfang von The New 52 nicht viel mehr als ein „Was-bisher-geschah“, eine kurze Zusammenfassung wichtiger Meilensteine, um neue Leser auf den Stand zu bringen, aber auch eine Variation von alldem, um den alten Lesern etwas Neues zu bieten. Mit den ganzen Verweisen auf die Tradition bis hin zu ihrem Anfang ergibt das Ganze einen Remix bekannter Motive. Das ist kein Problem von Superman allein, das ist ein Phänomen so ziemlich jedes Superhelden-Comics und -Films. Da (fast) alles schon einmal dagewesen ist, bleibt den Autoren nichts übrig, als alles neu zu mischen.
Diesen Fluch der ewigen Wiederkehr zu bewälitgen, ist eine Herkulesaufgabe. Und sie wird von Jahr zu Jahr schwieriger. Sollte es in 20 Jahren immer noch einen Superman geben (davon ist auszugehen), wird man einige hundert Ausgaben von Action Comics mehr zu beachten haben, dazu nochmal so viele Ausgaben von Superman und unzählige Sonderhefte. Die unendliche Geschichte wird immer umfangreicher und komplexer, sodass sowohl Autoren als auch Leser fast schon Superkräfte entwickeln müssen, um das alles bewältigen zu können. Am wichtigsten wird aber immer noch bleiben, eine packende Story zu erzählen. Und dabei hilft oft das bewährte Rezept: Weniger ist mehr.
“ If I want to die happy, it’s time to get serious about killing Superman.“ (Lex Luthor)
Nach einem Einsatz in der Sonne überlädt sich Superman mit Sonnenenergie und setzt damit einen Verfallsprozess seiner Zellen in Gang: Superman stirbt. Und Lex Luthor lacht sich ins Fäustchen, denn er hat Supermans Tod vom Gefängnis aus orchestriert, um über Superman zu triumphieren. Seine letzten Tage nutzt Superman, um einiges nachzuholen. Wie Herkules muss er zwölf Aufgaben bewältigen. So nimmt Superman Abschied von der Welt.
Bis auf die Rahmenhandlung hat All-Star Superman keinen Spannungsbogen. In zwölf Episoden wird erzählt, wie der sterbende Held sich Lois offenbart, sie für einen Tag zu Superwoman macht und wie er seine alten Freunde und Feinde wieder trifft: Jimmy wird zu Doomsday, der Parasit greift Luthor an, Superman strandet auf einem Bizarro-Planeten, muss sich gegen despotische Kryptonier behaupten und mit seinen Nachfolger aus der Zukunft ein zeitfressendes Monster in Smallville bekämpfen.
Beim ersten Mal fand ich All-Star Superman langweilig. Selten habe ich mich durch ein Superman-Comic so hindurchgequält. Beim zweiten Mal, als ich wusste, was mich erwartete, konnte ich mich etwas besser darauf einlassen. Man muss sich klarmachen, dass hier keine typische Superman-Story mit gewohnt moderner Action geboten wird. Es ist lediglich eine Hommage an den Superman des Silver Age, Morrison bedient sich bei bekannten Versatzstücken, wie den Geschichten, in denen Luthor tatsächlich Superman tötet (The Death of Superman, Superman #149, 1961) oder Superman sein Testament macht (The Last Days of Superman (Superman #156, 1962). Grant Morrison reichert diese Stücke mit eigenen Mythen an, wie etwa der bösen Sonne Solaris und dem Superman des 853. Jahrhunderts (bekannt aus dem Event One Million). Wer die Comics aus den 50er und 60er Jahren kennt, weiß auch Variationen dieser Ideen wie Zibarro, den einzig klugen Bewohner des Bizarro-Planeten, zu schätzen.
Superman wird von seiner menschlichsten Seite gezeigt: Er wird demütig gegenüber seiner eigenen Vergänglichkeit, er muss mit dem Verlust seines Vaters umgehen, gegenüber Schurken erweist er sich gnädig. Bei einem Gefängnisaufstand bewahrt er als Clark Kent sogar Luthor vor dem Tod, allerdings ohne dass dieser das merkt. Das Kapitel zählt zu den Höhepunkten des Bandes – nicht zuletzt wegen des Humors.
Allerdings: Das Comic bleibt episodisch, die einzelnen Plots plätschern mehr vor sich hin, als dass sie echtes Drama zu bieten hätten, Neues hat uns Morrison nicht über den Vater aller Superhelden zu sagen und selbst Luthor gibt zu, dass sein Verhältnis zu Superman ein ziemlich banales ist. All-Star Superman ist nichts anderes als die Liebeserklärung eines Fans und es bedient eine emotionale Ebene, vor allem aber ist es ein nostalgisches Erlebnis.
Frank Quitelys Stil ist gewöhnungsbedürftig. Einerseits ist er sehr klar und seine detaillierten Figuren wirken lebendig, andererseits kann er auch keinen Menschen zeichnen, ohne ihn verrunzelt aussehen zu lassen. Weil er sich aber selten die Mühe macht, detaillierte Hintergründe zu zeichnen, scheinen sich die Figuren im luftleeren Raum zu bewegen, was die Panels oft steril wirken lässt.
Wem das nichts ausmacht und sich auf eine Story abseits gewohnter Superhelden-Prinzipien einlassen kann, der wird an All-Star Superman seine Freude haben. Aber wer darauf verzichtet, hat auch nichts verpasst. Meine Meinung dürfte damit eine unpopuläre sein: Die Mini-Serie wurde mit Lob und Preisen (darunter auch Eisner-Awards) überschüttet. 2010 folgte eine Zeichentrick-Adaption. Im Dezember 2018 erscheint eine neue Ausgabe unter DCs neuem „Black Label“.
Batman und Catwoman verheiratet? Superman als Green Lantern? Das gab es auch einmal in den 90ern, nämlich in Grant Morrisons legendärer JLA-Serie. Als der Schurke The Key die Liga auf einmal ausschaltet (was genau genommen bereits in Ausgabe 7 passiert), indem er sie in einen Schlaf versetzt, hält er sie in Traumwelten gefangen. Superman träumt, er würde zum Green Lantern von Krypton werden, der einer Spur zur Erde folgt. Wonder Woman muss ohne ihre Kräfte gegen Nazis kämpfen, Aquaman in einem versunkenen New York.
Batman träumt, bereits 21 Jahre mit Selina Kyle verheiratet zu sein, sie haben einen gemeinsamen Sohn. Bruce Wayne Jr. ist Robin, während Tim Drake Batman im Gotham der Zukunft ist. Aber auch der Joker lebt noch. Trotz seines hohen Alters nimmt er Robin als Geisel und schießt auf ihn, so lange er auf den alten Batman wartet. Bruce und Selina steigen wieder in ihre Kostüme, um ihren Sohn zu retten. Der Joker will eine Atombombe zünden, die er am Körper trägt, aber da kommt Green Lantern Kal-El zur Hilfe. Batman spürt aber bereits, dass er und die anderen einer Illusion anheimgefallen sind. Doch das Aufwachen könnte alles nur noch schlimmer machen …
Währenddessen, in der wahren Welt, bekämpft der neue Green Arrow (Connor Queen) den Key, indem er die Pfeile seines gestorbenen Vaters benutzt. Green Arrow soll JLA-Mitglied werden. Da er sich bewährt und die anderen rettet, wird der Aufnahmeritus verkürzt.
So unterhaltsam und fantasievoll die Geschichte auch ist, so bedauerlich scheint ihre Kürze. Denn die Szenarien sind so spannend, dass jedes einzelne eine ausführliche Behandlung verdient hätte.
Die Titel des Zweiteilers beziehen sich auf die früheren Heldenszenarien, die außerhalb der Continuity spielten: Imaginary Storys waren Was-wäre-wenn-Szenarien, in den 90ern übernahmen die Elseworlds-Storys diese Funktion.
Batmans schlimmste Albträume sind wahr geworden: Auf verschiedenen Welten des Dark Multiverse sind düstere Versionen von ihm entstanden, die jeweils auch eine Kombination mit anderen Helden wie Flash und Green Lantern sind, aber auch mit Schurken wie Doomsday und Joker. Sie alle dienen dem Überschurken Barbatos, der auch die Kehrseite des Multiversums vernichten will (siehe Dark Nights: Metal).
Der Schlimmste von ihnen ist The Batman Who Laughs, eine Kreuzung aus Batman und Joker. Der Joker hat bei seinem letzten grausamen Akt (Eltern vor den Augen ihrer Kinder umbringen und die Kinder zu Jokern machen) Batman mit einem Joker-Virus infiziert. Nachdem der Clown tot ist, erschießt Batman zunächst die Bat-Familie, dann erledigt er auch den Rest der Superhelden auf furchtbarste Weise.
So zieht er von Welt zu Welt, um weitere böse Batmen auf seine Seite zu ziehen. Wie sie entstanden sind, davon erzählt der Band Dark Knights Rising. Einige dieser Hintergrundgeschichten sind interessant, wie etwa die von Red Death, dem Flash-Batman: Batmans Kampf gegen das Verbrechen ist gescheitert, seine Familie ist tot. Jetzt will er von Flash die Speed Force haben, um endlich schnell genug und überall zugleich zu sein. Flash weigert sich, da kettet Batman ihn an ein Batmobil, das er mit dessen Tretmühle kombiniert hat und holt sich das, was er will, mit Gewalt.
Oder da ist die Story vom Devastator, dem Doomsday-Batman: Superman dreht durch, Batman versucht, ihn mit einer Kryptonitlanze zu erledigen, als das scheitert, lässt Batman das Doomsday-Virus in sich wirken.
Die Geschichte des Dawnbreakers (Green Lantern-Batman) schießt allerdings um einiges übers Ziel hinaus: Der junge Bruce Wayne bekommt den Ring unmittelbar nach dem Mord an seinen Eltern. Er will sich rächen, der Ring verweigert den tödlichen Einsatz, doch Bruces Willenskraft ist so stark, dass er es doch schafft. Daraufhin belebt er seine Eltern als Zombies wieder und tötet alles, was sich ihm in den Weg stellt. Wirklich alles. Sogar James Gordon, völlig grundlos. Und dazu hat man sich eine Variation des Green Lantern-Schwurs ausdedacht, dessen Metrum leider arg holpert: „I turn the dawn to midnight! Beware my power — Dawnbreaker’s might!“
Die anderen drei (The Drowned, The Merciless, The Murder Machine) sind hingegen nicht mehr so spannend, dazu sind die Rahmenhandlungen stets vorhersehbar formelhaft: Entweder taucht The Batman Who Laughs auf, um ihnen den Teufelspakt anzubieten, oder Doctor Fate rettet die Helden von Erde 0, wenn sie gegen ihre bösen Gegenstücke kämpfen. Das letzte Kapitel, The Wild Hunt, ist eine gänzlich überflüssige Ergänzung des Haupt-Events, die einen nicht besonders interessieren muss: Gerahmt ist sie von einer Handlung über den Affen-Ermittler Detective Chimp, der am Ende Pate steht für die Entstehung von Erde 53 …
Insgesamt bietet Dark Knights Rising eine durchwachsene Lektüre, allerdings befriedigt sie die Neugier der Leser nach den Hintergründen der im Hauptevent zu kurz gekommenen Schurken. Und trotz seiner Schwächen macht es zum Teil mehr Spaß als Dark Nights: Metal. Meisterhaft gezeichnet ist es fast durchgehend. Daher ist es neben dem anderen Ergänzungsband The Resistance zu empfehlen.
Übrigens: Wie auf der San Diego Comic-Con bekannt wurde, bekommt The Batman Who Laughs im November eine eigene Mini-Serie. Die Fans wird’s freuen.