80 Jahre Wonder Woman

sensation-1-wonder-woman-1.jpg

Sensation Comics #1 & Wonder Woman #1 (DC Comics)

Als Wonder Woman ihren ersten Auftritt in All-Star Comics #8 (1941) hat, ist auf dem Cover noch kein Platz für sie. Dort sind nur ein paar Typen zu sehen, die Justice Society, die das Heft seit Ausgabe 3 beherrscht. Wonder Woman wird nicht einmal erwähnt. Umso selbstsicherer wird sie in ihrer ersten Geschichte eingeführt.

In einer Welt, die vom Hass und Krieg der Männer zerrissen wird, erscheint eine Frau, für die diese Probleme ein Kinderspiel sind. Liebenswert wie Aphrodite, weise wie Athene, schnell wie Merkur und stark wie Herkules. Aber noch keiner weiß, wer sie ist. Wir sehen eine Frau mit blauem Sternenrock, roter Korsage mit goldenem Adler auf der Brust und roten Stiefeln ins Bild springen – eine US-Ikone, die auch die Farben von Superman spiegelt. Das Bild wird später für das zweite Abenteuer in Sensation Comics #1 wiederverwendet.

Die Geschichte beginnt mit einem Mann. US-Pilot Steve Trevor stürzt auf Paradise Island ab, wo unsterbliche Amazonen seit der Antike in einem Matriarchat leben. Die Prinzessin (die noch nicht benannt wird) findet Trevor, bringt ihn ins Krankenhaus, doch die Königin Hippolyte besteht darauf, dass er schnell wieder von der Insel verschwindet, sobald er genesen ist, denn Männer seien nicht erlaubt. Einst wurden die Amazonen von Herkules besiegt und versklavt, bevor sie sich selbst befreien konnten. Mit Aphrodites Hilfe gründeten sie eine Gesellschaft abseits der Männerwelt, denn Männer bedeuten Ärger, sie stören die friedliche Ordnung.

Doch die Prinzessin verliebt sich in Steve. Sie findet heraus, dass er einem Ring von Nazi-Spionen auf der Spur war, und will ihn zurückbringen. Hippolyte will daraufhin in einem Wettbewerb die Frau küren, die ihn begleiten soll. Die Prinzessin darf nicht teilnehmen, aber maskiert sich und macht trotzdem mit. Nachdem sie den Wettlauf gegen eine Hirschkuh besteht und ein paar Kugeln mit ihren Armbändern abwehrt, gewinnt sie. Hippolyta verleiht ihr den Namen Diana (nach der Mondgöttin) und ein buntes Kostüm. Diana bringt Steve in ihrem unsichtbaren Flugzeug in die USA zurück (Sensation Comics #1).

Von Princess Diana zu Diana Prince

Der Nachteil: Diana gibt damit ihre Erbrechte und ihre Unsterblichkeit auf. Glücklicherweise verliebt sich Steve sofort in sie, sobald er aufwacht. Die Prinzessin findet sich in der Männerwelt ein: Sie besiegt ein paar Räuber, leistet sich ein Wettrennen mit einem Autofahrer, lässt sich für eine Bühnenshow einspannen, wo sie mit ihren Armbändern Kugeln abwehrt, und wird schließlich Krankenschwester. Sie übernimmt die Identität der Krankenschwester Diana Prince, der sie zufällig ähnlich sieht. Diana bekommt eine Abfindung, die Prinzessin ihre Brille und wird sofort unkenntlich – wie Clark Kent.

Wie Superman ständig seine Lois Lane rettet, so rettet Wonder Woman Steve Trevors Leben. Allerdings hilft Steve ihr auch oft aus der Klemme, die beiden bilden also ein Paar auf Augenhöhe. Gemeinsam schalten sie zunächst Nazi-Spione aus, die planen, Armee-Camps mit Giftgas zu bombardieren. Und so wie Lois Lane mehr auf Superman als auf Clark Kent steht, so kann Steve Trevor mit Diana nicht viel anfangen. An Wonder Woman komme sie nicht heran, findet er.

Pazifistische Kriegsführung

In Sensation Comics #2 geht es wieder um Nazis und Nervengift. Diesmal ist Dr. Poison der Schurke, bzw. die Schurkin. Trevor wird mit Diana entführt. Ein Wahrheitsserum soll ihn zum Sprechen bringen – das Lasso der Wahrheit ist noch nicht erfunden. Dafür wird gefesselt. Zweimal muss sich Wonder Woman befreien, bevor dann die Männer selbst gefesselt werden – von den Frauen.

Statt mit Waffen auf die Feinde loszuziehen, rekrutiert die Heldin in einem Frauencollege eine Parade von Frauen (angeleitet von der übergewichtigen Etta Candy), die die Soldaten mit einer Aufforderung zum Tanz entwaffnen. Die Schurken fallen drauf rein und enden in Handschellen. Die Waffe der Frauen ist ihr Grips. Da sie unterschätzt werden, können sie sich das zum Vorteil machen.

Damit hat Charles Moulton eine moderne und emanzipierte Frauenfigur erschaffen. Moulton, der eigentlich William Moulton Marston heißt, war Psychologe und hat den Lügendetektor miterfunden. Er erkannte das erzieherische Potenzial in Comics und erfand daraufhin Wonder Woman. Marston war Feminist, lebte er in einer polyamourösen Beziehung und liebte Fesselspiele, was sich als Motiv immer wieder durch seine Comics zieht.

Besonders deutlich wird das in Sensation Comics #6. Darin bekommt Wonder Woman ihr goldenes Lasso. Es ist unverwüstlich und wer damit gefesselt wird, muss ihr gehorchen. Es wird zu ihrem Markenzeichen: eine Waffe, die weder tötet noch foltert. Als Pazifistin geht Wonder Woman stets den sanften Weg. Ihre Botschaft ist die Liebe.

Nachdem es immer nur um Nazi-Spione im eigenen Land geht, widmet sich die Heldin auch internen Feinden und sozialen Problemen. In Sensation Comics #7 geht sie gegen Betrüger vor, die die Milchpreise hochtreiben, sodass Mütter ihre Kinder nicht mehr ernähren können. Auch dahinter stecken zwar am Ende Nazis, aber zum ersten Mal sind die Schwächsten der Gesellschaft die Opfer. In der nächsten Ausgabe setzt sich Wonder Woman für bessere Arbeitsbedingungen von Verkäuferinnen in einem Kaufhaus ein.

Schneller als Superman und Batman bekam Wonder Woman ihr eigenes Heft. In Wonder Woman #1 (1942) wird die Vorgeschichte noch einmal ausführlicher nacherzählt. Diesmal formt Hippolyta, angeleitet von Athene, Diana aus Lehm. Der Kriegsgott Mars wird als klassischer Gegenspieler eingeführt.

all-star-comics-12-cavalcad.jpg

All-Star Comics #12 und Comic Cavalcade #1 (DC Comics)

Der Erfolg hielt an. 1942 kehrte Wonder Woman zu All-Star Comics zurück, diesmal aber als Mitglied der Justice Society of America, zusammen mit Hawkman, Starman, Atom und Co. Als Ehrenmitglied und als Sekretärin durfte sie auch beim Kampf gegen die Achsenmächte helfen. Etwas später im selben Jahr bekam Wonder Woman Abenteuer in der neuen Anthologieserie Comic Cavalcade, sie teilte sich das Cover mit Flash und Green Lantern. Mit vier Serien hatte sie damit zweitweilig sogar eine mehr als Superman und Batman.

Doch Wonder Womans Golden Age währte nicht lange. Marston starb bereits 1947 an Krebs. Er wurde nur 53 Jahre alt. Danach verflachten die Abenteuer der Superheldin, das Interesse an ihr ließ nach, wie ohnehin an Superhelden nach dem Krieg. Die Amazone verschwand 1948 aus Comic Cavalcade, drei Jahre später auch aus Sensation Comics, kurz zuvor wurde All-Star Comics eingestellt. 1958 starb Stammzeichner Harry G. Peter.

Trotzdem verkaufte sich die Serie Wonder Woman kontinuierlich. Derzeit erscheint das Heft sogar alle zwei Wochen, sodass im kommenden Jahr voraussichtlich die 800. Ausgabe herauskommen wird.

Mehr zum Thema:


Unterstütze das Batman-Projekt

€1,00

4 Kommentare

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s