James Tynion IV

Gordon beim Texas-Joker-Massaker

Titel: The Joker Vol. 3

Autor/Zeichner: James Tynion IV, Matthew Rosenberg/Giuseppe Camuncoli, Francesco Francavilla

Erschienen: 2022 (The Joker #10-15), Hardcover 2023


Wir kommen zum Finale von James Tynions Joker-Epos, das eigentlich ein James-Gordon-Epos ist, aber der Name würde im Titel halt nicht so ziehen. Dennoch ist die Serie dann am besten, wenn Gordon im Vordergrund steht, vor allem seine Vergangenheit. Das erste Kapitel des dritten Bandes ist eine Rückblende in die Zeit kurz nach The Killing Joke. Barbara muss sich an ihr Leben im Rollstuhl gewöhnen, James Jr. zeigt erste Verhaltensauffälligkeiten, indem er Vaters Joker-Akten liest und seine Waffe stiehlt, dann wird er von einem Joker-Nachahmer entführt. Im Grunde lassen sich all diese Rückblenden wie ein schöner Gordon-Comic in Year-One-Manier lesen. Aber da ist ja noch das sogenannte Hauptgeschehen in der Gegenwart.

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Mit dem Joker auf Mallorca

DC Comics

Titel: The Joker Vol. 2

Autor/Zeichner: James Tynion IV/Guillem March

Erschienen: 2022 (The Joker #6-9, Annual #1), Hardcover 2022; dt. Panini 2022


Noch immer ist der Joker auf der Flucht, noch immer jagt ihm James Gordon hinterher, noch immer sind ihm „Lady Bane“, der Rat der Eulen und texanische Kannibalen auf den Fersen. Was ist neu? Diesmal geht es nach Paris. Doch Gordon hat für Sightseeing nicht viel Zeit, er gerät unter Mordverdacht, wird von Interpol verhaftet, aber schnell freigelassen, dann von „She-Bane“ entführt, die sich aber anders nennt: „Vengeance“. (Ihr wisst schon: Wegen Vengeance of Bane.) Aber wen rächt sie? Weiß sie selbst noch nicht genau, vielleicht ja Gordon. Jedenfalls fliegen sie gemeinsam nach Mallorca, finden den Joker und decken eine unappetitliche Wahrheit auf.

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Scarecrows Evolution durch Angst

DC Comics

Titel: Fear State

Autor/Zeichner: James Tynion IV/Jorge Jimenez

Erschienen: 2021 (Batman #112-117), Hardcover 2022


Als ich dieses Blog anfing (2013), war es jedes Mal ein besonderes Ereignis, wenn ein weiterer Band der damals neuen Batman-Serie erschien. Die Serie von Scott Snyder und Greg Capullo wirkte frisch und aufregend und bildete sogar der Auslöser dafür, mit dem Blog anzufangen. Auch wenn die Qualität immer mehr abnahm, bekam man doch meist gute Unterhaltung für sein Geld.

Dann kam die schlimme Tom-King-Phase. Schweigen wir lieber darüber – nuff said. Und dann übernahm James Tynion IV und ließ es wieder mehr nach Batman aussehen, hob aber trotz Joker War nie richtig ab. Nach viel Vorlauf und Zwischengedöns kommen wir also zu Fear State, Tynions großem Batman-Finale. Im vergangenen Band (The Cowardly Lot) haben wir gesehen, wie Scarecrow die Stadt terrorisiert und Batman halluzinieren und fast wahnsinnig werden lässt. Gleichzeitig schickt Simon Saint seinen Magistrate los, eine Hightech-Spezialtruppe, die in Gotham für Ordnung sorgen soll – ganz vorne mit dabei Peacekeeper-01, der aber durchdreht.

Eine ziemlich harte Nuss für Batman. Könnte man meinen, denn Batman spaziert dann einfach aus Scarecrows Versteck, spritzt sich irgendein Gegenmittel, das im Batmobil herumliegt und ist wieder ganz auf der Höhe. Doch in der Zwischenzeit ist die Situation noch komplizierter geworden: Poison Ivy, die sich jetzt Queen Ivy nennt, hat unter Gotham einen Garten angelegt, mit dessen Pflanzen sie die Stadt vernichten will.

Parallel dazu schickt Simon Saint Peacekeeper-X los, um Peacekeeper-1 einzufangen. Und los geht die erste Keilerei. PK-1 steckt einiges ein, wird entstellt zu einer Art Two-Face und tritt dann am Ende als eine Art Bane-Verschnitt gegen Batman an, Keilerei 2.

Angst als Therapie gegen Angst

Zwischendurch findet Batman heraus, dass Scarecrow Angst als Mittel einsetzt, damit die Bürger von Gotham ihre Angst überwinden. Angst macht stark, so die Devise. Die Menschen sollen dafür zunächst in Schockzustand versetzt und dann mit Propaganda aufgestachelt werden. Die Figur von Scarecrow soll als „Strohmann“ dienen, um diese Furcht zu kanalisieren – das ist der „Fear State“ (Angstzustand), den sie dann bewältigen sollen.

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Gordon jagt den Joker

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DC Comics

Titel: The Joker Vol. 1

Autor/Zeichner: James Tynion IV, Matthew Rosenberg/Guillem March, Francesco Francavilla

Erschienen: 2021 (The Joker #1-5), Hardcover 2021


„…there’s the law and there’s evil, Jim. And when you see evil, you aim for the head.“

Nach dem Joker War und dem Anschlag auf Arkham, bei dem alle Insassen und auch Bane ums Leben gekommen sind (siehe Batman: The Cowardly Lot) ist der Joker auf der Flucht. James Gordon, Commissioner im Ruhestand, bekommt von einer mystiösen unbekannten Schönen gesagt, der Schurke halte sich in Belize auf (Breaking-Bad-Gucker wissen Bescheid). Gordon soll ihn finden und töten. Es gibt 25 Millionen Dollar plus Spesen. Warum gerade er? Gordon hat eine lange Vergangenheit mit dem Joker, er kennt ihn fast am besten – und er hat mit ihm auch etliche Rechnungen offen, erst recht seit The Killing Joke.

Gordon akzeptiert. Doch bringt er es fertig, den Joker zu töten? Könnte sein, dass er das gar nicht muss, denn nicht nur er sucht den Joker, sondern auch ein neuer, weiblicher Bane, eine Kannibalen-Familie aus Texas und dann gibt es noch den Rat der Eulen (Court of Owls).

Hardboiled-Krimi- und Horror-Mix

Ich bin bis dato kein Fan von Autor James Tynion IV gewesen. Ich mochte weder seine Detective Comics noch seinen Batman, aber hier legt er das erste Werk vor, das ich wirklich gerne gelesen habe. Und das, obwohl ich nichts Großartiges erwartet habe. Eine Joker-Serie gab es zuletzt in den 70ern, und die war eher albern. Der Joker als Held, das funktioniert nur ganz selten. Aber das hier ist zum Glück keine Joker-Story, sondern eine Gordon-Story.

Tynion lässt es nach dem Schema des Hardboiled-Detektiv-Romans ablaufen. Wir verfolgen Gordons abgründige Gedanken wie schon zu Frank Millers besten Zeiten mit Batman: Year One. Tynion lässt eine Rückblende sogar in dieser Zeit spielen (wunderbar illustriert von Francesco Francavilla, der David Mazzucchelli alle Ehre macht). Wir sehen einen Mann, der sein ganzes Leben und seine Ehe dem Kampf gegen das Verbrechen geopftert hat. Gordon ist ein Besessener, der trotz allem nicht auf das Niveau seiner Gegner abgerutscht ist. Der Joker steht für das ultimative Böse, das ihn verführt, zum Mörder zu werden. Er will Gordon beweisen, dass dessen Kampf sinnlos ist.

Batman spielt nur am Rande eine Rolle, dafür umso mehr Barbara Gordon als Oracle, die ihrem Vater als Sidekick aus der Ferne hilft. Daneben bedient sich Tynion noch großzügig bei Tobe Hoopers The Texas Chainsaw Massacre (1974), was die Story noch mit Horror würzt und zeigt, dass der Joker für das ultimative Böse kein Monopol hat. Man kann nur hoffen, dass das Rezept dieser wilden Mischung am Ende auch aufgeht. Der Auftakt macht jedenfalls Lust auf mehr.

Einzig die Ausstattung des Bandes lässt zu wünschen übrig: Für stolze 25 Dollar bietet DC nur magere fünf Ausgaben plus Füllmaterial aus Batman #100 (das schon in The Joker War abgedruckt war) und Batman: The Joker War Zone – und das auch noch lieblos nachgeschoben, obwohl chronologisch früher einzuordnen. Man darf sich von DC immer mehr ausgenommen fühlen.

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Batmans Stadt der Feiglinge

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DC Comics

Titel: The Cowardly Lot

Autor/Zeichner: James Tynion IV/Jorge Jimenez

Erschienen: 2021 (Infinite Frontier #0, Batman #106-111), Hardcover 2021 (Batman Vol. 4)


„This world makes cowards of us all.“ (Miracle Molly)

„Without fear there is no hope of evolution.“ (Scarecrow)

Angriff auf Arkham: Joker-Gas tötet Mitarbeiter und Insassen, auch Bane stirbt (scheinbar) mit einem Grisen im Gesicht. Dann geht das Gebäude in Flammen auf. (Schon wieder, siehe Batman Eternal Vol. 2.) Dahinter stecken Scarecrow und der Industrielle Simon Saint. Letzterer will Bürgermeister Nakano davon überzeugen, dass es eine Spezialeinheit von Polizisten braucht, den Magistrate, um dem Verbrechen in Gotham endlich Einhalt zu gebieten. Nakano will Batman und alle anderen Superhelden endlich loswerden, weil er sie als Teil des Problems ansieht.

Zugleich geht eine neue Bande auf Raubzug: Das Unsane Collective (angeführt von Master Wyze) raubt Kunstwerke von den Reichen, um das System zu ändern. Mit dabei ist Miracle Molly, eine junge Frau im schrillen Cyberpunk-Look, die Kapitalismuskritik betreibt: Menschen schuften sich zu Tode, aus Angst und in der Hoffnung auf Wohlstand, während in Wahrheit die Reichen alles für sich behalten und reicher werden. Das Unsane Collective will sich jenseits von Kategorien wie Wahnsinn und Vernunft selbst verbessern, und zwar mit Technologie. Implantate und Waffen als schöne neue Welt? Ein fragwürdiger Gegenentwurf.

Vorgeschichte zu Fear State und Future State

Batman wird verfolgt von der Polizei und kämpft mit reduzierten Mitteln gegen Schurken wie Peacekeeper-01, wobei das bedeutet, dass sein Batmobil keinen Autopiloten, sondern nur eine Fernsteuerung hat. Solche Probleme hätte ich auch gern. Trotzdem gelingt es ihm, während des Kampfes mit der geschickten Platzierung von Bomben einen Morsecode zu senden … Und dann ist da noch der neue Sidekick Ghost-Maker, der hier nicht sympathischer wird, wenn er Harley Quinn durch sein Hauptquartier führt und dabei angibt, dass sein Deko-Dino größer sei als der in der Bathöhle. Seine größte Sorge ist, ob sein Auto schneller ist das Batmobil. Solche Albernheiten machen es schwer, die Figur ernst zu nehmen. Wen’s interessiert, kann seine Abenteuer im hinteren Heftteil verfolgen.

The Cowardly Lot bildet den Auftakt zum nächsten Event, Fear State (dem letzten von Autor James Tynion IV), das wiederum zu Future State führen wird, das wir bereits kennen (siehe auch Future State: Dark Detective). Dass DC hier das Pferd von hinten aufzäumt, ist das Hauptproblem an der Geschichte: Wir wissen, worauf sie hinauslaufen wird. Hier erfahren wir bloß das Wie, aber die Spannung fehlt. Zudem sehen wir immer wieder Batman in naher Zukunft in den Fängen von Scarecrow, sodass die Haupthandlung aus lauter Rückblenden besteht. Interessant ist jedoch der Aspekt, dass Scarecrow nicht sein Angstgas verströmt, sondern sein Ziel mit reinem Terrorismus erreicht – sehr zeitgemäß, aber nur bis er am Ende doch wieder in alte Gewohnheiten zurückfällt.

Ansonsten ist Scarecrow mit Gasmaske und Spritzen an den Fingern ist so schaurig dargestellt wie selten. Jorge Jimenez ist ein wunderbarer Zeichner, an dem nichts auszusetzen ist, aber seine Zeichnungen sind getränkt in einer knallbunten Kolorierung: Neonfarben in pink und giftgrün, dazu ein ständiges Glühen und Unschärfen machen allein das Hinschauen auf Dauer anstrengend. Mag sein, dass es schon vorher ähnlich war, aber hier wirkt vieles einfach wie zu viel des Guten. So bunt war Batman seit den 80ern nicht mehr.

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Joshua Williamson übernimmt Batman-Serie

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Batman #117-118 (DC Comics)

Das Aus kam überraschend: James Tynion IV hört als Autor der Serie Batman mit Ausgabe #117 auf. Fear State wird also seine letzte Batman-Storyline sein. Tynion verlässt damit auch DC Comics, um sich auf seine eigenen Comic-Kreationen zu konzentrieren. Er hat einen Exklusivvertrag mit Substack, einer Plattform für bezahlten Newsletterversand, abgeschlossen und vertreibt seine Comics künftig darüber.

Der 33-Jährige, der seit zehn Jahren für DC arbeitet, hat die Flaggschiff-Serie von Tom King übernommen und über 30 Ausgaben geschrieben, darunter den Joker War. Zuvor hat er 50 Ausgaben für Detective Comics verfasst sowie an Batman Eternal und Batman & Robin Eternal mitgeschrieben. Für seine Arbeit wurde er in diesem Sommer mit dem Eisner-Award geehrt.

Sein Nachfolger bei Batman wird Joshua Williamson, wie der Autor auf Twitter verkündet. Seine erste Storyline wird „Abyss“ (Abgrund) heißen, nach dem neuen Schurken, um den es gehen soll. Das Cover zu Batman #119 zeigt eine Gestalt mit Maske, Kapuze und Sense, was sehr an Phantasm/Phantom aus dem Zeichentrickfilm erinnert. Die Figur verwendet gerade Tom King in Batman/Catwoman wieder. Gezeichnet wird die Story von Jorge Molina. Er verleiht Batman wieder das gelbe Oval auf der Brust, das mit den 90ern verschwand und vorübergehend z.B. in Doomsday Clock wieder zu sehen war.

Williamson war bereits Autor der Serien The Flash (The Button) und Batman/Superman (#1-15). Derzeit erscheinen von ihm Robin und das Event Infinite Frontier.

Neue Comics zu Halloween: „DC vs. Vampires“

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DC Comics

Nach Zombies kommen Vampire: Superhelden halten keinen Monat ohne Beinahe-Weltuntergang aus, sonst wird’s ja langweilig. Daher bringt DC nach der Zombie-Apokalypse DCeased einen Zwölfteiler raus, dessen Name alles andere als kreativ ist, aber dafür klar sagt, was Sache ist: DC vs. Vampires.

James Tynion IV und Matthew Rosenberg (The Joker Presents: A Puzzlebox) schreiben die zwölfteilige Story, Otto Schmidt illustriert sie. Am 26. Oktober 2021 geht es los – passend zu Halloween. Auf dem ersten Cover sieht man Batman und Green Arrow, und tatsächlich soll der Dunkle Ritter die „letzte Hoffnung“ der Welt sein.

Batman und Vampire – das gehört von Anfang an eng zusammen. Nicht nur, dass Bela Lugosis Dracula eine Inspirationsquelle gewesen ist, Batman trifft schon in seinem fünften Abenteuer auf einen Vampir (Detective Comics #31-32) und verwandelt sich später auch in einen, besonders prominent in der Elseworlds-Trilogie Red Rain (Batman & Dracula), Bloodstorm und Crimson Mist. Außerdem hat er auch mit Superman gegen Vampire und Werwölfe gekämpft (Superman and Batman Vs. Vampires and Werewolves).

Das heißt aber nicht, dass DC die Zombies vernachlässigen würde: Am gleichen Tag erscheint die erste (und anscheinend einzige) Ausgabe von Task Force Z, in der Red Hood eine Truppe von untoten Schurken leitet: Bane, Man-Bat, Arkham Knight, Sundowner und Mr. Bloom. Autor wird ebenfalls Matthew Rosenberg sein, Zeichner Eddy Barrows.

Eisner-Award für Batman-Autor James Tynion IV

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DC Comics

Er ist erst 33 Jahre alt und hat nicht nur eine beachtliche Karriere im Comicgeschäft hingelegt, jetzt wurde er auch noch mit dem Eisner-Award als bester Autor geehrt: James Tynion IV. Der „Oscar“ der US-Comicbranche wurde ihm zuteil nicht nur für sein Schaffen an der Batman-Serie, für die er seit Anfang 2020 schreibt, sondern auch für seine eigenen Serien wie Something Is Killing the Children, Wynd (BOOM! Studios), The Department of Truth (Image) und Razorblades (Tiny Onion). The Department of Truth war zudem zweimal als beste Serie nominiert.

James Tynion IV begann bereits 2011 nach dem Reboot für The New 52, an Batman zu schreiben. Zusammen mit Scott Snyder war er für die ein Jahr dauernde und wöchentlich erscheindende Serie Batman Eternal verantwortlich, später auch für Batman & Robin Eternal. Mit dem Neustart von DC Rebirth übernahm er die Traditionsserie Detective Comics, in der er Batman als Teamplayer mit Robin, Batwoman, Clayface und anderen darstellte. Er  schuf die neue Joker-Gefährtin Punchline und brachte darüber hinaus in eigenen Miniserien Batman mit Teenage Mutant Ninja Turtles zusammen.

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DC/Image/Boom Studios

Ich war – abgesehen von Batman Eternal – von Tynions Arbeit an Batman bisher nicht sehr angetan. Detective Comics war geschwätzig und soaphaft, die aktuelle Batman-Serie wirkt bemüht, etwas Bedeutsames zu sagen, bleibt aber hinter dem Anspruch zurück, indem sie in alte Muster und Banalitäten zurückfällt. Vielleicht ist an Tynions eigenen Serien mehr dran. Bei DC Black Label erscheint sein Horror-Comic The Nice House on the Lake. Überzeugt euch am besten selbst.

Bisher erschienen sind die Batman-Bände:

 

 

Zwischen Clownhunter und Ghost-Maker

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Titel: Batman Vol. 3 Ghost Stories

Autor/Zeichner: James Tynion IV/Guillem March

Erschienen: 2020 (Batman #101-105, Annual #5), Hardcover 2021


Der Joker War ist vorbei. Batman sieht ein, dass er bisher etliche Fehler gemacht hat (er gibt dem Joker recht), und beschließt, künftig seinen Job besser zu machen. Er muss auch deswegen umdenken, weil ihm seit dem Joker War die Mittel als Bruce Wayne fehlen. Jetzt heißt es sparen bei Hightech-Spielzeug. Lucius Fox kann ihn nicht mehr versorgen. Catwoman gibt ihm ein Jahr Bedenkzeit, auch um ihre gemeinsam Zukunft zu klären.

In Gotham treiben noch die Grinners ihr Unwesen, Opfer des Jokergases, während die Mitglieder von Jokers Armee ihre Masken abgelegt und sich verkrochen haben. Doch da ist noch ein Junge, der nicht bereit ist, zu vergessen, und die Übeltäter mit einem Baseballschläger jagt, in dem ein Batarang steckt – ein „Bat-Bat“.

Morden oder nicht morden?

Dieser Clownhunter ist ein siebzehnjähriger Junge namens Bao. Hier (in Batman Annual #5) wird erklärt, wie er dazu kam: Er will – nach altem Brauch – seine Eltern rächen, die dem Joker zum Opfer gefallen sind (siehe auch Signal). Damit es nicht zu sehr wie ein Abklatsch von Batman und Robin wirkt, beschließt er es erst, nachdem ihm Batman versprochen hat, sich drum zu kümmern, und gescheitert ist. Also nimmt er den Batarang, den ihm Batman geschenkt hat, bastelt sich einen feschen Irokesenhelm und legt los. Allein wie ein Dauergamer so ein geschickter Nahkämpfer wird, wird leider nicht erklärt.

Und dann taucht noch ein neuer Vigilant-aber-eigentlich-Schurke auf: der Ghost-Maker, ein alter Bekannter von Bruce Wayne. Der findet es gar nicht gut, dass irgendwelche Leute losziehen und andere Leute umbringen, und sei es für den guten Zweck. Also zieht er selbst mit seinen zwei Schwertern los und bringt diese Leute um – nämlich für den guten Zweck, um endlich mal Ordnung in diesen Saustall namens Gotham zu bringen. Es kommt zum Kampf Clownhunter gegen Ghost-Maker, das heißt: fast, denn Batman geht dazwischen. (Daher ist der angekündigte Kampf auf dem Cover von Batman #103 eine dreiste Mogelpackung.)

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Clownhunter und Ghost-Maker (Batman #105, DC Comics)

Gekämpft wird um zwei verschiedene Auffassungen darüber, wie man mit Verbrechern umgehen soll. Batman glaubt daran, dass Menschen sich ändern können, Ghost-Maker ist skeptisch. Im Grunde geht es also um die alte Frage: Darf man Verbrecher töten oder nicht? (ACHUNG SPOILER!) 

Ghost-Maker bringt Clownhunter und Harley Quinn zusammen, damit dieser sie töten kann. Sie bringt den Jungen mit einer langen Ansprache davon ab. Am Ende, bevor es wieder zum Schwertkampf der beiden Kontrahenten kommen kann, will Ghost-Maker wieder das Weite suchen, aber Batman bringt ihn dazu, zu bleiben und sich mit ihm in Gotham nützlich zu machen. Aber ohne Mord. Deal.

Die Batman-Familie wächst weiter

Leider ergibt das keinen Sinn. Ghost-Maker ist ein Massenmörder, und ein Psychopath, wie Batman feststellt. Er hat auch in Gotham bereits viele Menschen getötet. Und statt dass Batman seinen Gegner zur Strecke bringt und der Polizei übergibt, ist plötzlich alles vergeben und vergessen. Und der so sehr von sich selbst überzeugte Ghost-Maker fügt sich, obwohl er Batman immer noch Unrecht gibt.

Der dritte Batman-Band von James Tynion IV ist damit ein arg bemühtes und auch sonst uninspiriertes Zwischenstück, das bloß noch einen neuen Charakter einführt, die überfüllte Batman-Familie um ein Mitglied erweitert (als wären vier Robins und drei Batgirls nicht genug), wobei die größte Bereicherung darin besteht, dass Ghost-Maker zwar einen bescheuerten Namen, aber dafür das stylischste Kostüm trägt. Downgraden geht eigentlich anders.

Immerhin überzeugt Ghost Stories visuell, auch wenn hier zu viele Zeichner am Werk waren, die auch innerhalb der Ausgaben wechseln, was einen uneinheitlichen Gesamteindruck hinterlässt. Besonders interessant aber ist das Annual über Clownhunter. James Stokoe hat einen sehr eigenwilligen, sperrigen Stil, der aber auf angenehme Weise herausfällt aus der üblichen glatten Superheldenästhetik.

>> Batman 2020-2029

Punchline – Jokers neues Fangirl

DC Comics

Titel: Center Stage

Autor/Zeichner: James Tynion IV, Sam Johns/Mirka Andolfo

Erschienen: 2020 (Punchline #1)


Die Zeiten, in denen Harley Quinn an der Seite ihres geliebten Joker gemordet hat, sind vorbei. Jedenfalls in der Haupt-Continuity. Wer das noch lesen will, muss zu apokryphen Schriften greifen wie Harleen. Doch 2020 hat der Joker eine neue Gefährtin bekommen: Alexis Kaye alias Punchline. Schwarze Haare, schwarze Stiefel, schwarzes Röckchen und dazu ein zerrissenes violettes Oberteil – also deutlich am Punk Look orientiert.

Im 80-Jahre-Joker-Special sehen wir sie als Chemiestudentin am Snyder College (der Name soll offenbar eine Hommage an Scott Snyder sein, James Tynions Kollegen). Dort provoziert sie zunächst ihre Kommilitoninnen mit einem Joker-T-Shirt, ihr Zimmer ist voller Poster mit Clownsvisage. Als ihr Dekan sich bei ihr beklagt, setzt sie ihn einem selbstgemixtem Lachgas aus. Er sei nicht ihr erstes Opfer, sagt sie, sie habe schon mit Obdachlosen experimentiert.

Alexis Kaye wird zu Punchline.

Während der Dekan lachend im Bett ihrer Mitbewohnerin stirbt, erklärt Alexis ihm ihre Weltanschauung, die jenseits der Normen und Regeln liegt. „I don’t want to live in the slow decay of your world. I want my own world, and I guess I don’t really care if that means hurting lots of people or whatever. This whole world you built is the joke. I’m the Punchline.“ Am Ende steigt der Joker aus dem Schrank und es stellt sich heraus, dass alles nur ein Test war, um zu sehen, ob Alexis es ernst meine.

Botschafterin des Joker

In Punchline #1 erfahren wir die Hintergründe: Alexis war auf einem Schulausflug in einem Nachrichten-TV-Studio, als der Joker gerade einfiel, die Moderatoren umbrachte und dann Alexis dazu zwang, seine Nachricht vor laufender Kamera zu verkünden – doch dann kam Batman dazwischen.

Die eigentliche Handlung spielt nach dem Joker War. Alexis muss sich vor Gericht für ihre Rolle an der Seite des Joker verantworten. Sie plädiert auf nicht-schuldig, bzw. auf „unschuldig“ (innocent). Dr. Leslie Thompkins beurteilt sie als schuldfähig. Beim Gefangenentransport lässt Alexis ein Video von sich aufnehmen und viral gehen, in dem sie sich als Opfer des Joker bezeichnet. „I saw Joker as a symbol of how we needed to tear down the system we had so we could build something new.“

Teil eines größeren Plans

Wir sehen, wie sich exemplarisch für viele ein Geschwisterpaar deswegen uneins ist: Harper Row (auch bekannt als Heldin Bluebird) traut ihr nicht, ihr Bruder Cullen ergreift Partei für Alexis. Sie habe nichts Schlimmes getan, sagt er und hört sich ihren Podcast über den Joker an, in dem sie seine Verbrechen als sozialkritische Kommentare, als Witze auslegt, darunter das vergiftete Trinkwasserreservoir, die vielen Ausbrüche aus Arkham, die Joker-Fische, den Rummeplatz aus The Killing Joke. Selbst den Angriff auf das TV-Studio sieht sie nicht als Zufall an, sie sieht sich als Auserwählte, um seine Botschaft zu verkünden. Alles, was der Joker bisher getan habe, sei nur der Auftakt für eine größere Vision gewesen.

Harley Quinn #1 von Alex Ross und Joker mit Punchline. (DC Comics)

Also mixt sie ihr eigenes Joker-Gas zusammen und vergiftet eine Reihe von Leuten, um die Aufmerksamkeit ihres Vorbilds zu gewinnen. Und als er endlich hinter ihr steht, erinnert das Bild nicht zufällig an Alex Ross‘ Cover zu Harley Quinn #1. Hier bemüht man sich nicht wirklich, Punchline als etwas Neues zu etablieren, sondern sie erscheint nur als eine Widergängerin von Harley. Allerdings ist ihr Anliegen ein anderes: Ihr geht es anscheinend nicht um die Liebe zum Joker, sondern sie ist eine Gläubige.

Ihre Pointe am Ende ist, dass sie ihre Fans zu Joker-Jüngern gemacht hat, die nun sein Werk fortsetzen. Der Joker War sei nur der Anfang gewesen, heißt es. Als sie ins Gerichtsgebäude geführt wird, jubelt ihr eine Menschenmenge zu: „Free Punchline!“ Mittendrin muss Bluebird ihren eigenen Bruder sehen. Damit erscheint der chaotische Joker in einer anderen Form ansteckend als sonst: nicht als Gas, nicht als Virus, sondern als Ideologie. Der Joker macht Schule als Kraft des Subversiven. Er wird zur Identifikationsfigur für alle, die einen Wandel der Gesellschaft wollen. Wie dieser Wandel aussehen soll, das bleibt allerdings noch offen.

Ach ja, und witzig ist Punchline immer noch nicht. Im Gegensatz zu Harley versucht sie es nicht mal.

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