
DC Comics
Titel: Joker/Harley: Criminal Sanity (dt. Psychogramm des Grauens)
Autorin/Zeichner: Kami Garcia/Mike Mayhew, Mico Suayan u.a.
Erschienen: 2019-2021 (#1-8), Hardcover 2021, dt. Panini 2021-2022 (#1-3)
„I’m an artist trying to create something exceptional.“ (Joker)
Mal wieder Joker, mal wieder Harley Quinn, denn wenn sich gerade etwas verkauft, dann diese beiden Namen. Und dann: Schon wieder ein neuer Origin, nachdem DC Black Label bereits Harleen herausgebracht hat?
Tatsächlich ist Criminal Sanity anders. Harley Quinn (die sich tatsächlich von Anfang an so nennt) ist eine junge Profilerin für die Polizei von Gotham und arbeitet mit James Gordon zusammen. Statt Batman darf sie sich die Tatorte ansehen und sich in die Serienmörder hineinversetzen. Der Joker drapiert Leichen wie berühmte Kunstwerke, von Leonardos „Vitruvianischen Menschen“ zu Dalís „Venus von Milo mit Schubladen“.
Dieser Joker ist ein junger, durchtrainierter Mann mit kurzen grüngefärbten Haaren und einem rotverschmierten Mund, eine Kreuzung aus Heath Ledger und Jared Leto. Allerdings ist er gänzlich humorbefreit und bringt seine Opfer mit Drahtbügeln zum „Lächeln“. Harley hat eine Vergangenheit mit ihm: Ihre damalige Mitbewohnerin gehörte zu seinen ersten Opfern. Während also immer mehr Leichen auftauchen, erfahren wir, wie aus John Kelly der Joker wurde.
Joker als Batman-Ablösung?
Dabei lernen wir zwar: Nein, nicht alle Serienmörder sind Psychopathen oder geisteskrank. Viele sind erschreckend klar im Kopf und berechnend, was belegt, dass es doch das reine Böse im Menschen geben kann. Trotzdem bekommt auch der Joker eine traumatische Vorgeschichte samt Kindesmisshandlung angedichtet – einfach alles wird an dieser Figur rational hergeleitet, was ihm einiges vom Schrecken nimmt. Seine Opfer sind (meistens) Menschen, die „es verdienen“, daher wird er als Vigilant bezeichnet, der Batman ablösen könnte.
Dem Joker gefällt das gar nicht. Er sieht sich als Künstler, der etwas Außerordentliches schaffen will. Leider fällt ihm nicht auf, dass er bloß andere plagiiert. Und auf welches Kunstwerk er sich am Ende bezieht, wenn er die Besucher eines Rockkonzertes mit einem tödlichen Gas aussetzt, wird nicht klar. Das ist inkonsequent.
Batman schafft den Joker mit
Trotzdem: Criminal Sanity gelingt ein frischer Ansatz für das Altbekannte. Harley Quinn rutscht nicht in den Wahnsinn hinab, wird nicht zu Jokers Gefährtin, sondern bleibt eine entschlossene Kämpferin gegen ihn, auch wenn sie ihn zwischendurch (seltsamerweise) davonkommen lässt. Daher braucht es in dieser Story auch keinen Batman und er spielt hier auch fast keine Rolle. Nur am Anfang wird sein fahrlässiges Fahrverhalten Auslöser für einen Autounfall, bei dem die Mutter von John Kelly getötet wird. Damit erschafft er den Joker mit, als Kollateralschaden.
Auch visuell überzeugt die Story weitgehend: Die Haupthandlung ist in Schwarz-weiß und in einem stimmungsvollen, hyperrealistischen Stil gehalten, der an Lee Bermejo (Joker) erinnert. Die farbigen Rückblenden allerdings sind in den ersten zwei Kapiteln fotorealistisch, und zwar so, dass man tatsächlich Fotos von Menschen genommen und sie am Computer leicht nachbearbeitet hat. Nun ist es kein Geheimnis, dass manche Zeichner Fotomodells benutzen, aber das hier sieht zu sehr nach Bravo-Foto-Love-Story im Uncanny Valley aus.
Ist das 35 Euro wert, wie die US-Ausgabe kostet? Vielleicht. Auf keinen Fall 60 Euro, wie man für die drei Bände der deutschen Ausgabe berappen muss.
Mehr zum Thema:
Unterstütze das Batman-Projekt
Seit 2014 bietet dieses Blog Orientierung rund um Batman. Mittlerweile sind über 1300 Beiträge und Seiten mit Übersichtslisten erschienen. Wenn du meine Arbeit unterstützen möchtest, würde ich mich über einen kleinen Beitrag freuen, der mir hilft, die Kosten für diese Seite zu decken. Vielen Dank.
Gefällt mir:
Gefällt mir Wird geladen …