Titel: Gotham Central – Book One: In the Line of Duty (dt. In Erfüllung der Pflicht)
Autor/Zeichner: Ed Brubaker, Greg Rucka/Michael Lark
Erschienen: 2003 (Gotham Central #1-10, Paperback 2008), dt. Panini Sonderband 2015 (Gotham Central #1-5)
„Could we leave the bat out of this for now?“ (Detective Driver)
Welchen Sinn ergibt eine Batman-Story ohne Batman? Die Frage dürfte sich spätestens nach dem (mir schleierhaften) Erfolg der TV-Serie Gotham erübrigt haben. Doch die Idee ist nicht neu: Bereits in den 90ern gab es Mini-Serien über Comissioner James Gordon und die Polizei von Gotham (Gordon of Gotham), in den Nullerjahren wurde ihr sogar eine fortlaufende Comicserie gewidmet: Gotham Central. Nun ist der erste Teil auf deutsch erschienen. Im Mittelpunkt steht die Frage: Wie ist es, ein Polizist im Schatten der Fledermaus zu sein? Die Antwort: Die Vollzugsbeamten haben ein Ego-Problem. Um sich nicht überflüssig zu fühlen, haben die Ermittler der Major Crimes Unit (MCU) den Ansporn, allein klarzukommen.
Allein heißt in diesem Fall: auch ohne James Gordon. Der ist mittlerweile im (temporären) Ruhestand. Die Handlung der Serie ist nicht fortlaufend, sondern erstreckt sich jeweils über zwei bis fünf Hefte. Aufgeteilt sind die jeweiligen Charaktere in Tag- und Nachtschicht. Doch so ganz ohne Batman und seine Welt geht es eben nicht – sonst könnte es ja auch eine x-beliebige Polizeiserie sein. Gleich zu Beginn bekommen es zwei Detectives mit Mr. Freeze zu tun, am Ende muss Batman sich doch um ihn kümmern, aber das wird bloß am Rand gezeigt. Im Vordergrund steht die gute alte Polizeiarbeit: Beweise sichern, Fragen stellen, kombinieren. Schon im zweiten Fall geht es um einen Mord an einem Mädchen – gerahmt vom Auftauchen eines zündelnden Superschurken.
Während die deutsche Ausgabe hier endet, ist in der US-Ausgabe auch die fünfteilige Story „Half a Life“ enthalten. Im Mittelpunkt steht Renee Montoya: Ein Mann, den sie wegen Vergewaltigung festgenommen hat, der aber freigelassen wurde, rächt sich an ihr, indem er Fotos von ihr verbreitet, durch die sie als Lesbe geoutet wird – ihre streng katholischen Eltern sehen das gar nicht gern. Kurz darauf wird der Täter ermordet, Montoya wird deswegen angeklagt und dann auch noch von Two-Face entführt. Das Motiv muss bei einem Wahnsinnigen nicht unbedingt einleuchten.
Es ist nur allzu vorhersehbar, dass am Ende wieder Batman als Deus ex machina herhalten muss. Montoya ist nicht erfreut; wieder ein gekränktes Ego. Aber wäre die Polizei so gut wie Batman, bräuchte es ihn nicht – und das darf in Gotham nicht sein. Welchen Mehrwert hat also das Konzept von Gotham Central? Keinen großen. Die Serie behandelt lediglich einen Randaspekt des Batman-Universums, sie tut es zwar einfühlsam und stimmungsvoll, bemüht um Charaktertiefe und Realismus, aber letztendlich muss das einen Batman-Leser nicht besonders interessieren. Denn ein Fan will einen Vigilanten im Fledermauskostüm Abenteuer erleben sehen und nicht den Alltag der Polizei. Batman ist eben nicht The Wire.
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