Denys Cowan

Batman gegen Kindesmissbrauch

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DC Comics

Titel: Batman: The Ultimate Evil (dt. Das Geschäft des Bösen)

Autor/Zeichner: Neal Barrett Jr./Denys Cowan

Erschienen: 1995 (Zweiteiler), dt. Carlsen 1997


„… I haven’t been fighting crime, Alfred — I’ve been fighting criminals.“

Manchmal kommt es vor, dass Batman nicht nur gegen Superschurken kämpft, nicht nur gegen Verbrecher, sondern es auch mit dem Wurzel allen Übels zu tun bekommt. In The Ultimate Evil stellt er sich die Frage: Wie werden Menschen überhaupt zu Verbrechern? Durch Armut? Nicht nur, sondern oft durch ihre Misshandlung bzw. den Missbrauch als Kinder.

Diese Lektion erteilt die Sozialarbeiterin Debra Kane Bruce Wayne. Sie arbeitet für die Gotham Child Protective Services und führt Bruce in eine Parallelwelt, die ihm bisher fremd war: Sozialbausiedlungen, in denen Väter ihre Kinder schlagen oder sexuell missbrauchen. „It’s not sick, Bruce, it’s evil!“, sagt sie. Doch nicht alle diese Opfer würden kriminell. Man habe immer eine Wahl.

Verkaufte Kinder

Batman begibt sich in die tiefsten Abgründe dieser Problematik. Ein Sträfling erzählt ihm von Kinderpornografie, Zwangsprostitution von Minderjährigen (also sexuelle Ausbeutung) und Kinderhandel. Batman ermittelt daraufhin undercover, sein Weg führt ihn in eine fiktive Diktatur in Südostasien, wo Menschen in Armut ihre Kinder an Kriminelle verkaufen. Diese Kinder werden sexuell missbraucht und ausgebeutet. Batman führt eine Rebellion gegen die Verbrecher an, die auch politische Unterdrücker sind.

Das allein ist harter Stoff – härter als alle Gewaltexzesse, die man sonst von Superhelden-Comics kennt, denn selten werden Kinder als Opfer des Schlimmsten gezeigt. Hier ist allein das Reden darüber und die reine Andeutung in Bildern so furchtbar, dass man es sich nicht ausmalen will. Zudem ist man abgestoßen davon, wie abgebrüht die Beteiligten über das Thema sprechen, als wäre es nur ein Geschäft unter anderen. Ein jungfräuliches Kind für 24 Stunden zur freien Verfügung zu kaufen, ist für die Profiteure nur eine Frage des Preises. Kinder werden nicht nur zur Ware, sondern zum Wegwerfprodukt – menschenverachtender geht es nicht.

Martha Wayne gegen Pädophile

Leider ist die Geschichte nicht ganz stringent erzählt. Anfangs geht es mehr um verschiedene Facetten des Verbrechens auf der Straße, wohl damit Batman auch etwas zu tun hat, bevor es zur Hauptsache kommt. Doch als Alfred Bruce zeigt, dass bereits Bruces Mutter Martha gegen einen internationalen Ring von Pädophilen ermittelt hat und deswegen zusammen mit Ehemann Thomas ermordet wurde, wird das Pathos übertrieben: Bruce hat daraufhin ein persönliches Motiv und leistet einen Schwur, als würde es nicht reichen, dass ein Verbrechensbekämpfer sich eines der schlimmsten Verbrechen überhaupt annimmt, einfach weil es sein Job ist.

Batman rettet also einige Kinder und lässt den Pädodophilen-Ring zerstören – das ist alles gut gemeint, und man kann durchaus diesmal gelten lassen, dass vor allem der gute Wille zählt und der Mut, so ein hartes Thema in einem Mainstream-Comic zu verhandeln, ohne zu verharmlosen oder zu vereinfachen. Denys Cowans rauhe, sperrige Zeichnungen passen dazu sehr gut. Es soll nichts schöngezeichnet werden.

Über 220 Millionen Opfer weltweit

Die letzten fünf der rund 100 Seiten beschreiben in einem Nachwort eindrücklich die Hintergründe, wie frei Kindersex-Tourismus in Südostasien in den 80ern und 90ern beworben und zu wenig dagegen getan wurde. Aktuellere Zahlen sind erschreckender: Die Vereinten Nationen schätzten 2009, dass weltweit 150 Millionen Mädchen und 73 Millionen Jungen unter 18 Jahren zum Sex gezwungen werden (Quelle: UNICEF). Im Jahr 2020 hat es in Deutschland laut Polizeilicher Kriminalstatistik 14.500 Fälle von Kindesmissbrauch gegeben (ein Anstieg von 6,8 Prozent), 18.761 Fälle von Missbrauchsabbildungen – ein Anstieg von 53 Prozent. Laut Schätzungen waren oder sind pro Schulklasse ein bis zwei Kinder sexueller Gewalt ausgesetzt (Quelle: BKA).

Jedes einzene Opfer ist eines zu viel. Dagegen ist selbst Batman machtlos. Aber ein Comic wie dieses kann dafür sensibilisieren. Es wäre an der Zeit, es nachzudrucken oder zumindest das Thema wieder aufzugreifen.

Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch0800-22 55 530 (kostenfrei und anonym)

Hinweis: The Ultimate Evil basiert auf dem gleichnamigen Roman von Andrew Vachss, der aber nicht ins Deutsche übersetzt wurde. Auf Englisch ist er noch zu kaufen.


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Batman ist bankrott

DC Comics

Titel: Down to the Bone

Autor/Zeichner: Doug Moench/Denys Cowan

Erschienen: 1986 (Batman Annual #10), Paperback 2018 (Batman Arkham: Hugo Strange)


Bruce Wayne ist pleite. Ganz plötzlich haben Anteilseigner der Wayne Foundation ihre Anteile verkauft, nachdem sie bedroht worden sind. Lucius Fox hat nicht aufgepasst, weil er mit Wahlkampf beschäftigt war (er will Bürgermeister werden). Aber Bruce gibt sich selbst die Schuld. Jedenfalls gehört die Stiftung nicht mehr Wayne, Lucius fliegt raus, Bruce hat kein Geld mehr, er verliert sogar Wayne Manor.

Als könnte es nicht mehr schlimmer kommen, erleidet Alfred nach dem Besuch eines Fremden plötzlich einen Herzinfarkt und Bruce verliert das Sorgerecht für Jason Todd. Bruce bleiben nur noch 37 Dollar und sein Batman-Kostüm. Zum ersten Mal muss er selbst Lebensmittel kaufen, das Meiste geht für eine Heizplatte drauf, mit der er sich in einem Glockenturm Dosen warmmacht. „Why doesn’t my utility belt have a spoon?“ Er hat nicht mal Kleingeld zum Telefonieren.

Und es kommt noch schlimmer: Ein Unbekannter gibt sich als Batman aus und begeht Diebstähle. Der wahre Batman ermittelt und erkennt einen Zusammenhang. Es muss also jemand sein, der seine Geheimidentität kennt. Da kommen nur zwei in Frage und weil es schon auf dem Cover verraten wird, wollen wir es nicht zu spannend machen: Hugo Strange.

Überleben dank Mandroids

Ist der nicht tot? Ja, das haben wir uns schon beim letzten Mal gefragt. Und nein: Er ist es auch diesmal nicht. Denn der Hugo Strange, der einen Wayne-Manor-Nachbau auf sich einstürzen ließ (Batman #356, 1983) war kein echter Hugo Strange, sondern nur ein Roboter. Diese Erklärung ergibt nicht wirklich Sinn, wo es ihm doch beim letzten Mal sehr darauf ankam, Batman im Zweikampf zu besiegen. Aber sei’s drum: Der verrückte Professor hat Bruce ruiniert und will jetzt auch Batmans Ruf folgen lassen.

Batman und Robin sprengen sich ihren Weg nach Wayne Manor, müssen mit Batman- und Strange- und Robin-Robotern („Mandroids“) fertig werden. Nach einer Prügelei in der Bathöhle, kommt es zum Showdown mit Helikopter und Batmobile. Strange landet im Knast. Aber ist es auch diesmal der echte? Ja, alle möglichen Tests beweisen es. Strange ist derweil verwirrt, ob er wirklich weiß, dass Batman Bruce Wayne ist, oder ob Batman ihn das nur glauben lassen will.

Und als Bruce, Jason und Alfred am Ende vor den Trümmern von Wayne Manor stehen, bleibt am Ende die Erkenntnis, dass aller Luxus bloß wertloses Zeug ist. „Home is where the heart is.“ Zurück zum Status quo. Bis dahin war es aber ein Vergnügen, Bruce und Batman zumindest kurz ganz am Boden zu sehen.

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Lemire und Sorrentino machen „Joker – Killer Smile“

2019 ist das Jahr des Jokers. Zum Kinofilm mit Joaquin Phoenix erscheinen mehrere neue Titel mit dem Schurken (wie etwa Joker/Harley: Criminal Sanity) und eine neue Anthologie. Außerdem warten wir immer noch auf einen Termin für Three Jokers von Geoff Johns und Jason Fabok. Bis dahin kann man sich die Zeit mit einem anderen Dreiteiler vertreiben, der bei DCs Black Label erscheint: Joker: Killer Smile von Jeff Lemire und Andrea Sorrentino. Der erste Band erscheint am 30. Oktober 2019 und die beiden folgenden sollen im Abstand von zwei Monaten herauskommen.

Die Story: Nachdem der Joker jahrelang Gotham terrorisiert hat und gegen Batman angetreten ist, hat er einen neuen Gegner gefunden: einen Arzt, der ihn in Arkham behandelt. Der Joker dringt immer tiefer in den Verstand seines Opfers ein und setzt damit eine Kettenreaktion in Gang, die Gotham City ins Chaos zu stürzen droht.

Lemire und Sorrentino sind ein Dream-Team der Comics. Zusammen haben sie Green Arrow, Old Man Logan und zuletzt die Horror-Serie Gideon Falls gemacht. Sorrentino ist bekannt für seine sehr düsteren, schattenlastigen Zeichnungen und aufwendigen Layouts, mit denen er die Möglichkeiten des Comics immer wieder neu ausreizt. Mit Joker: Killer Smile verspricht er, neue Höhen zu erreichen.

Lemire, von dem auch das Crossover Justice League/Black Hammer stammt, wird außerdem eine The Question-Miniserie fürs Black Label schreiben: The Question: The Deaths of Vic Sage. Für die Zeichnungen sind die Altmeister Denys Cowan und Bill Sienkiewicz zuständig. Die erste Ausgabe des Vierteilers erscheint am 20. November 2019.

Angekündigt ist ein „philosophical mystery“, die an die Question-Comics von Dennis O’Neil und Denys Cowan anknüpfen: Die Geschichte beginnt im Wilden Westen und erstreckt sich in die gesetzlosen 1930er und soll von einem ungelösten Fall handeln, der zum Tod von The Question geführt hat. Nun, da sich die Geschichte zu wiederholen droht, muss der Gesichtslose versuchen, sich aus dieser Falle zu befreien.

Joker Carpenter

DC Comics

UPDATE: Horror-Filmemacher John Carpenter (Halloween, The Thing) wird den One-Shot The Joker: Year of the Villain #1 mit Anthony Burch schreiben. Zeichnungen stammen von Philip Tan und Marc Deering. Das Heft erscheint am 9. Oktober, umfasst 40 Seiten und kostet 4,99 US-Dollar.

Wie Batman den Joker schuf

DC Comics

DC Comics

Titel: Lovers and Madmen (dt. Joker)

Autor/Zeichner: Michael Green/Denys Cowan

Erschienen: 2007-2008 (Batman Confidential #7-12), Paperback 2008, dt. Panini 2008 (Batman Sonderband #16)


„Crime is like anything else, it follows an ordered structure.“ (Bruce Wayne)

„He’s not a criminal. This isn’t crime. This is evil.“ (Jonathan Crane)

„He looks … ridiculous.“ (Jack)

Batman ist am Ende seines ersten Jahres, er hat gerade einen Drogenring zerschlagen und sich einen Namen gemacht. Da taucht plötzlich Jack auf, ein schlanker Mann im braunen Anzug. Jack ist ein Naturtalent im Einbrechen und Morden. Er hat keine Lust mehr darauf, ihm fehlt die Lebensenergie, er will aufhören. Doch als Batman erscheint, fängt Jack an zu lachen und findet seine neue Herausforderung: Batman mit willkürlichen Verbrechen zu beschäftigen. Batman wiederum stößt an die Grenzen seiner Fähigkeiten. Er erkennt, dass seine Vorbereitung vergebens war. Das ist eine neue Sorte von Schurke, unberechenbar und skrupellos. Dagegen gibt es kein Mittel.

20 Jahre lang galt The Killing Joke als Origin des Jokers, in Lovers and Madmen bekommt die Geschichte ein Update: Hier läuft alles anders. Wir erfahren nicht nur den Vornamen des bisher anonymen Jokers, sondern auch eine neue Version seiner Entstehung. Die erste Inspiration dazu hat er zunächst Harleen Quinzel zu verdanken, die hier noch Medizinstudentin ist und sich ihr Studium als Bardame finanziert. (Später wird sie zu Jokers Sidekick Harley Quinn.)

Wesentlich aber ist, dass Batman Jack später mit zwei Batarangs Schnittwunden am Gesicht zufügt, die ihm sein falsches Grinsen bescheren (Glasgow-Smile). Dann taucht Jack in sein grünes Chemiebad, nachdem Batman ein paar Gangster beauftragt hat, ihn auszuschalten. Und fertig ist der Joker – geschaffen von Batman. So wurde das noch nie gezeigt. Und auch wenn die Geschichte sich mit dem Kanon beißt, ist sie doch so einnehmend, dass sie die Lektüre lohnt – auch wenn der unruhige Zeichenstil gewöhnungsbedürftig ist: er erfüllt seinen Zweck, eine Geschichte des Irrsinns zu erzählen.

Interessant ist die Nebenhandlung, die einen bereits bekannten Aspekt herausarbeitet: Bruce Wayne bandelt mal wieder mit einer Frau an – und wie üblich tritt sie in Konkurrenz zum Joker. Jack ersticht sie, sie wird lebensgefährlich verletzt. Sie überlebt zwar, aber die Beziehung mit Bruce zerbricht. Kein Wunder: Batman hat seinen wahren „Partner“ bereits gefunden.

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Batman: Blind Justice

Titel: Blind Justice (dt. Blinde Gerechtigkeit)

Autor/Zeichner: Sam Hamm/Denys Cowan

Erschienen: 1989 (Detective Comics #598-600)


 

„… I suppose I’ve justified my existence for one more night.“ (Batman)

Blind Justice sollte die Jubiläums-Story zu 50-jährigen Bestehen des Helden werden. Man engagierte Sam Hamm, den Co-Autor des Drehbuchs zum Batman-Spielfilm aus dem gleichen Jahr. Doch das Problem an dieser Geschichte ist, dass sie für diesen Anspruch ihren Titelhelden zu stark vernachlässigt. Viel zu sehr geht es um Bruce Wayne und Nebencharaktere. Aber eines nach dem anderen.

Zunächst muss sich Batman mit dem sogenannten Bonecrusher herumschlagen (was für ein blöder Name!), einem maskierten Muskelberg mit einer Schallkanone, der Menschen in Matsch verwandeln kann. Und obwohl der Schurke die Eigenschaft hat, beim Scheitern den Freitod zu wählen, kehrt er immer wieder von den Toten zurück – so scheint es jedenfalls. Aufklärung verspricht eine Nebenhandlung: Eine Frau kommt nach Gotham, um ihren verschwundenen Bruder Roy zu suchen. Es stellt sich heraus, dass er als Versuchskaninchen bei Waynetech diente. Ein ominöses Kartell hat den Konzern infiltriert und will nun Bruce Wayne mit einer Schmutzkampagne fertig machen. Ausgehend von seiner Weltreise nach dem Tod seiner Eltern wollen ihm die Bad Guys anhängen, ein kommunistischer Spion zu sein.

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