Batman von Frauen

Batman ist Männersache. Ein ganzer Kerl, der sich von einem Jungen begleiten lässt, zu Hause wartet ein alter Mann. Frauen kamen erst spät in die Batcave, aber auch da blieben sie selten: Weibliche Robins gab es nur kurz, Batmans Beziehungen mit Frauen waren zum Scheitern verurteilt, Bruce Wayne blieb der ewige Junggeselle und selbst seine Ehe mit Catwoman wirkte selten wie eine.

Auch auf der Ebene seiner Schöpfer dominieren – wie generell im (Superhelden-)Comic-Business – die Männer. Geschaffen wurde er von zwei Männern, auch später geschrieben und gezeichnet von Namen wie Dennis O’Neil, Neal Adams, Frank Miller und so weiter – so ist es auch bis heute. Aber war in über 80 Jahren nicht mal eine Frau dabei? Doch, da waren sogar einige!

Ich kann nicht behaupten, alle Batman-Veteraninnen zu kennen – viele sind auch unbekannt. In der Anfangszeit der Comics war es lange Zeit nicht immer üblich, die Namen der Autoren und Künstler zu nennen, einige arbeiteten auch unter Pseudonym. Vor allem bei Batman war bis in die 60er nur ein Name üblich: Bob Kane, obwohl er längst keinen Finger mehr für die Comics rührte.

Pionierinnen bei Batman

Erste Batman-Story einer Frau: „The Grade A Crimes“ von Ruth Lyons Kaufman. (DC Comics)

Die erste Frau, die eine Batman-Story schrieb, war Ruth Lyons Kaufman. Ihre Story „Grade A Crimes“ (eine Geschichte über Juwelendiebe, die sich als Milchmänner tarnen) erschien bereits 1943 in Batman #16. Es war auch ihr einziges Mal. Sonst verfasste sie noch eine Aquaman-Story in More Fun Comics #90 und eine Shining-Knight-Story in Adventure Comics #84 (beide 1943). Darüber hinaus weiß man – auch bei DC – so gut wie nichts über sie.

Batman und Green Lantern gegen den Time Commander

Batman und Green Lantern gegen den Time Commander (DC Comics)

Die erste Frau, die Batman zeichnen durfte, war Ramona Fradon. Es war das erste Team-up zwischen Batman und Green Lantern sowie das erste in der Serie The Brave and the Bold (#59, 1965): „The Tick-Tock Traps of the Time Commander“. Die Fortsetzung zeichnete ein anderer, es blieb eine einmalige Sache. Dafür illustrierte sie Ende der 70er die Serie Super Friends (zur gleichnamigen TV-Serie), in der auch Batman vorkam.

Batman, Robin, Wonder Woman, Superman, Wonder Twins

Super Friends #26 (1979) von Ramona Fradon. (DC Comics)

Fradon begann bereits 1950 für DC zu arbeiten und zeichnete lange vor allem Aquaman, erschuf den Sidekick Aqualad mit sowie den Helden Metamorpho. Ramona Fradon wurde in die Women Cartoonists Hall of Fame sowie die Eisner Award Hall of Fame aufgenommen. Sie zeichnete auch satirische Cartoons, bekannt ist etwa einer Wonder Woman, die Donald Trump mit ihrem Lasso der Wahrheit fesselt. Erst im Januar 2024 verkündete sie, sich zur Ruhe zu setzen und starb kurz darauf am 24. Februar – mit 97 Jahren.

Batman-Koloristinnen

Koloristen sind die unbesungenen Helden der Comics. In den 60ern wurde es zwar üblich, in Superhelden-Comics Autoren, Zeichner und Letterer zu nennen, aber die Leute, die Farbe in die Geschichten brachten, blieben bis in die späten 70er unerwähnt. Möglicherweise war auch schon früher die eine oder andere Koloristin dabei. Eine der Ersten, die man mit Sicherheit nennen kann, ist Tatjana Wood. Geboren wurde sie 1926 als Tatjana Weintraub in Darmstadt, als Tochter eines jüdischen Vaters und einer christlichen Mutter, 1947 siedelte sie mit ihrer Familie in die USA um. 1950 heiratete sie den legendären Comiczeichner Wally Wood – den Mann, der Daredevil ein rotes Kostüm verpasst hat. (Danke dafür!)

Tatjana Wood trug nicht nur zum Werk ihres Mannes bei (von dem sie sich in den 60ern scheiden ließ und der später Suizid beging), sie kolorierte unzählige DC-Cover, darunter der Serien Batman (ab #254, 1974) und Detective Comics (ab #438, 1974) sowie auch einige Storys und spätere Miniserien wie Batman/Huntress: Cry for Blood oder Batman/Toyman. Zu ihren späteren Werken gehören auch Grant Morrisons Animal Man und Alan Moores Swamp Thing. 2003 zog sie sich aus dem Comicgeschäft zurück. Außerdem war Wood auch als Schneiderin tätig.

Die zweite große Batman-Koloristin war Adrienne Roy. Sie brachte von 1978 bis 1995 Farbe in etliche Batman-Serien wie Batman und Detective Comics. Keine Frau dürfte je an so vielen Batman-Heften beteiligt gewesen sein. Mit dem Siegeszug der digitalen Kolorierung verlor sie jedoch immer mehr Aufträge, andere übernahmen für sie, wie etwa Pamela Rambo, die ab 1995 Shadow of the Bat und 2002 Gotham Knights kolorierte. Adrienne Roy starb 2010 an Krebs – im Alter von 57 Jahren.

„The Dark Knight Returns“ wurde koloriert von Lynn Varley. (DC Comics)

Dem breiten Publikum sind vor allem zwei Koloristinnen bekannt: Lynn Varley (The Dark Knight Returns) und Richmond Lewis (Batman: Year One). Beide waren von entscheidender Bedeutung für die Innovation in diesen bahnbrechenden Comics. Varley war mit Frank Miller verheiratet und kolorierte auch The Dark Knight Strikes Again, wo sie neue digitale Techniken erprobte und visuell herausfordernde Ergebnisse erzielte, die bis heute die Leser spalten. (Manche meinen, die Schwarz-weiß-Version wäre ein ganz anderes Buch.)

„Ladies. Gentlemen. You have eaten well …“ (DC Comics)

Richmond Lewis ist die Ehefrau von David Mazzucchelli und eigentlich eine Malerin. Ihre gedeckte Farbgebung für Batman: Year One unterschied sich radikal von den bisherigen Batman-Heften, wofür sie zunächst auch kritisiert wurde. Für die Sammelausgabe kolorierte sie den Vierteiler neu, da mit besserer Papierqualität eine neue Farbpalette nötig war. (Beide Versionen lassen sich in der Absolute Edition vergleichen.) Sie wirkte nur an wenigen Comics mit, neben Year One auch an „The Messiah of the Crimson Sun“ (Batman Annual #8, 1982) und Shaman (Legends of the Dark Knight #1-5, 1989-1990).

Batman-Autorinnen

Im Modern Age wurden mehr Frauen auch in anderen Gewerken an Batman herangelassen, wenn auch die Anfänge noch bescheiden waren. Die zweite Batman-Autorin ist Barbara J. Randall, Frau von Karl Kesel. Von ihr stammte die erste Batman-Ausgabe nach der Crisis (Batman #401, 1987), aber dabei blieb es dann auch. Außerdem schrieb sie noch einige Batgirl-Stories, wie etwa das Batgirl Special #1 (1988).

Detective Domics #635-637 (DC Comics)

Einige Jahre später durfte auch Louise Simonson sich an Batman versuchen. In den 90ern schrieb sie acht Jahre lang die Serie Superman: Man of Steel und gehört auch zum Autorenteam, das Supermans Tod und Auferstehung verantwortete. Batman widmete sie weit weniger Aufmerksamkeit: Nur Detective Comics #635–637 und Detective Comics Annual #4 (1991) stammen aus ihrer Schreibmaschine.

DC Comics

In den 90ern machte sich Hilary J. Bader um Batman: The Animated Series verdient. Von ihr stammen die Episoden Cold Comfort, You Scratch My Back, Mean Seasons, Girls‘ Night Out und vor allem The Ultimate Thrill mit der hinreißenden Figur Roxy Rocket – eine der besten (und frivolsten) Folgen der Serie. Darüber hinaus schrieb Bader mehrere Comics im Animated-Universum: Batman & Robin Adventures Annual #2 sowie Batman Adventures: The Lost Years. Für die TV-Serie Batman Beyond verfasste sie nicht nur mehrere Skripte, sondern auch die ersten zwei Comic-Serien dazu (gerade als Compendium erschienen). Leider starb Bader bereits 2002 im Alter von 50 Jahren.

Und wenn wir schon bei den Zeichentrickserien sind: Da diente nicht nur eine gewisse Andrea Romano als Voice Director (sowie für viele spätere Batman-Zeichentrickfilme). Die Musik stammte – abgesehen von Danny Elfmans Main Theme – von Shirley Walker. Sie wirkte bereits am ersten Batman-Film mit, indem sie Elfmans Musik orchestrierte. Für die Serie komponierte nicht nur wunderbar atmosphärische Orchestermusik und darunter einige einprägsame Themen (wie etwa für Batgirl), sie dirigierte auch selbst.

Besonders eindrucksvoll ist ihre Chor-Variation der Main Theme in Batman und das Phantom. Was da gesungen wird, ist übrigens kein Latein, sondern blanker Unsinn: die rückwärts geschriebenen Namen der Orchestermitglieder. Die Frau hatte eindeutig Humor. Walker gewann zwei Emmys – einen für Batman Beyond – und starb 2006 mit 61 Jahren an einem Schlaganfall.

Paperbacks zu „Gotham Knights“. (DC Comics)

Aber zurück zu den Schreibenden: Die Frau, die die meisten Batman-Storys auf dem Kerbholz hat, ist Devin Grayson. Ihr Name scheint sie bereits für Dick Grayson zu prädestinieren, und tatsächlich war ihre erste DC-Story auch eine über Nightwing (The Batman Chronicles #7, 1996), in den Nullerjahren schrieb sie über 30 Ausgaben der Serie. Für Batman bekam sie sogar mit Gotham Knights eine eigene Serie, von der sie 29 Ausgaben schrieb, aber auch für andere Batman-Serien trug sie Skripte bei. Außerdem war sie an den Storylines No Man’s Land, Bruce Wayne: Murderer?/Fugitive und War Games beteiligt.

Grayson war nach eigenen Angaben keine langjährige Comicleserin. Ursprünglich wollte sie Schauspielerin werden, doch eine Episode von Batman: The Animated Series weckte ihr Interesse für Superhelden. Zu DC kam sie auf dem direkten Wege: Sie rief bei Redakteur Dennis O’Neil an und fragte, ob er ihr beibringen könne, wie man Comics schreibt. Er gab ihr ein paar Tipps und schließlich auch eine Chance. In den 90ern war so etwas noch möglich. Weitere Batman-Comics von Devin Grayson sind Year One: Batman/Ra’s al Ghul und das total schräge Batman/Joker: Switch.

DC Comics

Etwa zur gleichen Zeit war auch Ann Nocenti an Batman tätig. Seit den 80ern schrieb sie vor allem für Marvel, z.B. X-Men, Spider-Man und Daredevil, außerdem war sie als Redakteurin aktiv. Für DC schrieb sie neben einer Story für Batman Black and White (Gotham Knights #38, enthalten in Vol. 3) den One-Shot Batman & Poison Ivy: Cast Shadows (2004) und den Zweiteiler Batman/Catwoman: Trail of the Gun (2004).

In The New 52 übernahm sie zeitweilig auch die Catwoman-Serie. Wer einen spannenden Comic von Ann Nocenti lesen will, der nichts mit Superhelden (dafür mit Aliens) zu tun hat, dem sei wärmstens The Seeds (2020) empfohlen, den sie zusammen mit dem extrem talentierten Künstler David Aja gemacht hat.

Batman-Zeichnerinnen

In der Anthologie-Reihe Batman Black and White haben sich einige Frauen verewigt, wie etwa ganz nebenbei Veteranin Marie Severin (1929-2018), die seit den 50ern vor allem als Koloristin bei Marvel gearbeitet hat, aber immer wieder – auch für DC – zu Bleistift und Tusche griff. Ihre einzige Batman-Story („Batsman“, enthalten in Vol. 2) ist eine achtseitige Parodie, die von Ty Templeton geschrieben wurde.

Variant Cover zu Dark Knight III von Jill Thompson (DC Comics)

In Batman Black and White Vol. 3 ist ein achtseitiges Werk der Autorin und Illustratorin Jill Thompson zu lesen: „The Best of Gotham“ (Gotham Knights #44), kein Comic, sondern eine Art illustrierter Reiseführer durch Gotham. Für Superman/Batman #75 (2010) trug sie zwei Pin-ups von Catwoman und Lois Lane bei: „Batman’s Siren“ und „Superman’s Better Half“.

Doch es brauchte noch zwei Jahre, bis eine Frau die Batman-Hauptserie zeichnen durfte: Becky Cloonan kam diese Ehre zu in Batman #12 (2012, The New 52), leider aber nicht mehr, denn sie vertrat bloß Stammzeichner Greg Capullo. Später durfte sie noch einige Seiten in der umstrittenen Wedding-Ausgabe #50 beitragen sowie Kurzgeschichten in Batman Black and White Vol. 4 und in Detective Comics #1000 (2019, „The Batman’s Design“).

Batman-Cover von Joëlle Jones. (DC Comics)

Zeichnerin Joëlle Jones durfte an immerhin sieben Batman-Ausgaben mitwirken (#33-35, 39-40, 44, 50, 2017-2018), was sehr schade ist, denn ihre Zeichnungen waren noch das Beste an diesen berüchtigten Tom-King-Ausgaben. Dann wurde Jones Autorin und Zeichnerin bei Catwoman.

Frauen bleiben Ausnahme

Aber auch wenn immer wieder mal Frauen an Batman rangelassen wurden, blieben sie rar: Marguerite Bennett schrieb eine passable Story fürs Batman Annual #2 (The New 52), bevor sie dann längere Zeit für Batwoman verpflichtet wurde. Dass die Frauenfiguren nämlich von Frauen geschrieben werden, ist auch keine Selbstverständlichkeit. Auch da dominieren immer noch die Männer. Was an sich kein Problem wäre, wenn man auch mehr Frauen männliche Charaktere schreiben ließe. Aber entweder gibt es einfach mehr Männer, die sich für solche Aufgaben interessieren, oder die Verlage trauen sich noch nicht, sich mit den Lesern anzulegen, die finden, dass Batman „Männersache“ bleiben sollte.

Autorinnen wie Gail Simone (Batman: The Dark Knight #23.1: Ventriloquist, Batgirl) und G. Willow Wilson (Poison Ivy, One Bad Day: Catwoman) bilden immer noch die Ausnahme. (Es gibt auch einen Batman-Roman namens Nightwalker von Marie Lu, der aber von Männern zum Comic adaptiert wurde.) Von daher war es fast eine Revolution, als im Jahr 2021 Autorin Mariko Tamaki die Hauptverantwortung für Detective Comics bekam – als erste Frau. Sie schrieb fast 30 Ausgaben, darunter das Event Shadows of the Bat: The Tower (#1047-1058), aber einen revolutionären Eindruck hinterließ ihr Run leider nicht – das lässt sich allerdings auch von ihren Vorgängern der vergangenen Jahre behaupten.

DC Comics

Dennoch man kann eine Tendenz beobachten: DC lässt immer mehr Frauen schreiben und zeichnen, auch traditionelle „Männerserien“. Der aufsehenerregende Elseworlds-Zwölfteiler Dark Knights of Steel wurde von Yasmine Putri gezeichnet. Der letzte Batman Black and White-Band (Vol. 5) enthielt so viele Autorinnen und Zeichnerinnen wie nie: Corinna Bechko, Rachel Dodson, Babs Tarr, Yasmine Putri, Amy Reeder und G. Willow Wilson gehörten dazu. Neue Stimmen und neue Perspektiven wie diese könnten Batman dazu verhelfen, in den nächsten Jahren frisch zu bleiben.

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