The Killing Joke: Seiten 29-32 – Vierte Rückblende (Jokers Origin)

Detective Comics #168 (1951) (DC Comics)

Der Joker war lange Zeit ein Paradoxon: der bekannteste Batman-Schurke, aber zugleich der große Unbekannte, denn man wusste nichts über seine Ursprünge. Das ist nicht ungewöhnlich. Catwoman bekam ihren Origin immerhin nach zehn Jahren (1950), der Pinguin erst 1981. Doch auch wenn Bill Finger 1951 erklärte, wie der Joker entstand, war noch immer nicht viel über ihn bekannt. Nicht mal ein Name.

Die Leser wussten allerdings zunächst nicht, was sie in The Man Behind the Red Hood (Detective Comics #168) erwartete. Wer hinter der roten Haube steckte, war das Rätsel, an dessen Lösung sie sich selbst beteiligen konnten. Batman erzählt in einem Uni-Kurs für Kriminologie von einem ungelösten Fall, den er vor zehn Jahren hatte: Ein Verbrecher namens Red Hood machte die Stadt unsicher. Batman konnte ihn nicht schnappen, bis er schließlich bei einem Raubzug in ein Becken mit Chemieabwasser sprang und seitdem verschwand. Da nie eine Leiche gefunden wurde, ist sich Batman unsicher, ob er starb.

Die rote Haube ohne Augenschlitze sollte dazu dienen, die Identität des Verbrechers zu verschleiern (außerdem enthielt sie eine Gasmaske). Wozu er aber auch noch ein rotes Cape und eine Fliege trägt, bleibt unklar.

Als die Studenten beschließen, den Fall zu lösen, taucht Red Hood auf dem Campus auf, um Gehälter zu rauben. Am Ende stellt sich heraus, dass der Joker hinter der Maske steckte. Einst war er ein Laborant, der beschloss, eine Million Dollar zu stehlen und sich zur Ruhe zu setzen. Warum er aber nach zehn Jahren wieder zum Red Hood wurde, erklärt er nicht.

The Killing Joke orientiert sich zwar an dieser Story, indem es die Entstehung über den Red Hood adaptiert, geht aber mit der Hintergrundgeschichte und dem Gordon-Plot weit darüber hinaus. Hier ist der junge Mann, der zum Joker wird, zunächst ein Laborant, der sein Glück in der Comedy versucht, aber versagt und schließlich, nach dem tragischen Tod seiner Frau und seines ungeborenen Kindes, zum Verbrecher wird.

Veränderung wie im Traum

Der Junge Mann wird zum Red Hood … (DC Comics)

Die auf einer Seite erzählte Entstehungsgeschichte aus Detective Comics #168 wird in der vierten Rückblende ausführlicher dargestellt. Der junge Mann bekommt die rote Haube von den zwei Gangstern aufgesetzt, die ihn dazu genötigt haben. Wir sehen die Welt durch die Augen des jungen Mannes: doppelt und in Rot getaucht. Der eine Gangster namens Vinnie sagt, der junge Mann habe einen „funny shaped head“, erscheint aber mit seinem breiten Hut, dem Schatten über den Augen, seinem Grinsen und länglichen Kinn bereits wie der spätere Joker. Der junge Mann scheint sein künftiges Spiegelbild zu sehen. Seine Sinne sind bereits getrübt – so beginnt seine Metamorphose.

„This feels kinda weird“, sagt er, als sie das Gelände des Chemiewerks betreten. „Like a dream. I keep remembering Jeannie …“ Der Ort sehe in Rot noch schlimmer aus. Als der Wachmann auftaucht, sagt der junge Mann, der sei neu, das Werk hat sich seit seiner Kündigung verändert. Daraufhin droht Vinnie, ihm sein Gesicht zu verändern – was sich gleich als prophetisch erweisen soll.

Vinnie wird auf der Flucht erschossen, der junge Mann wird blind für das Blut, das an ihm klebt. Joe erklärt ihn zum Anführer der Bande, um die Verantwortung von sich zu schieben, wird dann aber selbst von Kugeln getroffen. Red Hood flieht weiter und Batman rettet ihm das Leben, indem er die Wachmänner vom Schießen abbringt.

… Red Hood wird zum Joker. (DC Comics)

Bei Batman sieht der Joker rot

Bei ihrer ersten Konfrontation nehmen wir wieder die Perspektive von Red Hood ein, der diesmal Batman gedoppelt durch die roten Linsen sieht. Er leugnet aber seine Wahrnehmung: „No. No no no. This isn’t happening. Oh dear God, what have you sent to punish me?“ Der junge Mann erweist sich als gottesfürchtig, bevor er zum Nihilisten wird.

Red Hood springt ins Abwasser, Batmans Hand kommt zu spät, kann ihn nicht ergreifen. Red Hood schwimmt durch den Fluss ans Ufer. Es ist seine Taufe für einen neuen Lebensabschnitt, allerdings eher eine Feuertaufe: Seine Haut brennt und juckt, er nimmt die Haube ab und sieht sich in einer Regenpfütze gespiegelt (vgl. das erste Bild auf der ersten Seite). Für einen Moment sinkt er in sich zusammen, bevor er aufsteht und zu lachen anfängt. Schließlich sehen wir ihn von vorn: den Joker mit weißem Gesicht, roten Lippen und blutenden Augen, wie er sich mit den Händen in die grünen Haaren greift und lacht. Die Metamorphose ist vollzogen.

Warum lacht der Joker? Weil er verrückt ist? In der Logik des Jokers ist der Wahnsinn ein Zustand der Klarheit. Demnach lacht er, weil er erkennt, dass er selbst die Pointe in diesem Witz ist, der auf seine Kosten geht. Ihm wurde alles genommen: sein Job, seine Karriere als Künstler, Frau und Kind, seine moralische Integrität, sein Glaube an Gott und das Gute, und auf der Flucht vor den Konsequenzen auch sein Aussehen.

Der junge Mann ist eine Witzfigur geworden, das Zerrbild einer Spielkarte, ein Zirkusfreak, wie die auf der nächsten Seite (33). Wenn er über Gordon spricht als einen Mann, der an der Welt psychisch zugrunde geht, hält er auch eine Rechtfertigungsrede auf seinen eigenen Werdegang. Der Joker will Gordon auf sein Niveau ziehen, daher lässt er ihn durchmachen, was er selbst durchgemacht hat. Doch das klappt nicht, weil auch hier das Chaos seine eigenen, unvorhersehbaren Wege geht.

Red Hood von Greg Capullo (DC Comics)

Die Geschichte von Red Hood geht später noch weiter: Im Zero Year (2012) wird die Bande erneut eingeführt, da tragen alle rote Masken, nur der Anführer aber die typische Haube. Dieser landet dann am Ende wieder in einer Chemikalienbrühe. Und in Under the (Red) Hood (2005-2006) setzt sich der wiederauferstandene Robin II (Jason Todd) eine Variante der roten Maske auf, die sein Mörder einst getragen hat.

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