The Killing Joke: Seiten 19-25 – Gordon bei Joker/Dritte Rückblende

James Gordon beim Joker. (DC Comics)

Ebenso wie Barbara Gordon eben noch Batman am Cape zog, wird nun ihr Vater James Gordon von einem kleinwüchsigen Handlanger des Jokers am Hemd gezerrt und mit der Hilfe von zwei anderen ausgezogen. Damit wiederholt sich auch, was der Joker mit Barbara in ihrer Wohnung gemacht hat, nachdem er sie angeschossen hat. Zudem wird Gordon mit Elektroschocks traktiert und an einem Halsband gezogen.

Gordon gibt sich irritiert und sagt: „Wh-what are you doing?“ Er beurteilt alles, was ihm geschieht und hängt noch an seinen alten Überzeugungen: „You can’t do that!“ Die gelten aber nicht mehr, daher ist auch seine Aufforderung „Don’t do this …“ vergeblich, genauso wie seine Fragen nach dem Wohin und ob er träumt und was passiert ist.

Die Handlanger antworten nicht. Auch andere Zirkusfreaks schauen nun zu: ein Hungerkünstler, die Fat Lady, ein Wolfman, zwei Paare siamesischer Zwillinge. Gordon wird vor den Joker gebracht. „Somebody please tell me what I’m doing here …“, sagt Gordon, immer noch nach einer rationalen Erklärung suchend. Doch genau dafür erteilt der Joker ihm eine Absage: „Doing? You’re doing what any sane man in your appaling circumstances would do. You’re going mad.“

Als Gordon sagt, er erinnere sich wieder (an Jokers Attentat), hält der Joker eine Ansprache über die Erinnerung: Sie sei gefährlich und bereite nur Sorgen, Erinnerung sei tückisch, weil sie einen an Orte bringe, an denen man nicht sein möchte. „Memories can be vile, repulsive little brutes. Like children, I suppose.“

Man könne nicht ohne Erinnerungen leben, weil auf ihnen die Vernunft gründet. Wenn wir uns nicht mit ihnen konfrontieren, verleugneten wir die Vernunft. Allerdings gebe es auch keine Verpflichtung zur Vernunft. Wahnsinn sei der Notausgang, mit dem man die unangenehmen Erinnerungen hinter sich lassen könne.

Dritte Rückblende: Jeannie ist tot. (DC Comics)

Gordon wird in eine Geisterbahn geführt und in einen Wagen geschnallt. Dann fährt der Zug los. Es wird suggeriert, dass er dadurch den Weg in den Wahnsinn beschreitet. Zugleich führt uns die dritte Rückblende in die böse Erinnerung des Jokers. Es ist der berüchtigte eine schlechte Tag in seinem Leben, der ihn aus der Bahn geworfen hat: Er erfährt vom plötzlichen Tod seiner Frau, will sich aus dem Coup zurückziehen, wird dann aber unter Androhung von Gewalt dazu gezwungen.

Es ist bemerkenswert, dass der Joker schlechte Erinnerungen mit Kindern vergleicht. Die drei Kleinwüchsigen wirken mit ihen roten Schleifen auf den Köpfen und der BDSM-Kleidung wie Zerrbilder von Kindern. Der Joker thront auf einem Haufen nackter Puppen, Kinderspielzeug. In der Rückblende erfährt der junge Mann, dass er Frau und das ungeborene Kind verloren hat – ironischerweise als sie einen elektrischen Fläschchenwärmer getestet hat. Auch Gordon wird in gewisser Weise seines Kindes beraubt – und in gewisser Weise auch Barbara ihrer Unschuld, auch wenn offen bleibt, ob sie vergewaltigt wurde, es wurde ihr sexualisierte Gewalt angetan.

Angedeutete Inzest

Während Gordon sich krümmt wie der junge Mann zuvor und wegschauen will, aber dazu gezwungen wird, sich aufzurichten, singt der Joker ein Lied auf den Wahnsinn als Eskapismus und konfrontiert Gordon mit den Bildern seiner nackten, verwundeten Tochter, die sich vor Schmerzen krümmt und weint.

Moment der Wahrheit: Gordon sieht Jokers Fotos von Barbara. (DC Comics)

Der Joker singt dazu mit seinem wilden, sadistischen Grinsen: „If you hurt inside, get certified, and if life should treat you bad … don’t get ee-ee-even, get mad!“ Wahnsinn ist für ihn die Alternative zur Vergeltung.

Gordon und wir sehen Barbara zwar vergrößert, aber nur in Ausschnitten, aus denen sich das Gesamtbild ihres Körpers zusammenfügt. Die Fotos wirken wie durcheinandergeworfene Panels. Die Ordnung ist völlig aus den Fugen geraten, hier herrscht reines Chaos. Gordon schreit den Namen seiner Tochter, auch das völlig vergeblich, denn die Tat an ihr wurde längst vollzogen.

Für ein DC-Comic geht The Killing Joke in der Darstellung von Nacktheit weiter als andere: Nicht nur Barbaras Brüste sind zu sehen, auch Gordons Geschlechtsteil ist angedeutet. Keine Selbstverständlichkeit, denn 30 Jahre später zensierte DC sich selbst, nachdem es Bruce Waynes Penis in Batman: Damned gezeigt hatte. Doch im Grunde geht The Killing Joke noch weiter: Denn hier wird der nackte Vater mit der nackten Tochter zusammengebracht. Es handelt sich um eine Art angedeutete Inzest. Deshalb ist diese Sequenz so furchtbar und abstoßend wie kaum eine andere in einem Batman-Comic.

Damit rächt sich der Joker auf sadistische Weise an der Welt, die ihm seine Familie und seinen Verstand genommen hat.

>> The Killing Joke


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3 Kommentare

  1. Hochinteressant, Lukas ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.
    Die Tatsache, dass der Joker schlechte Erinnerungen mit Kindern vergleicht habe ich stets darauf zurückgeführt, dass er irrwitzigerweise seinem ungeborenen Kind eine Mitschuld an seinem Irrsinn gibt, schließlich hat es ihn ja, zusammen mit seiner Mama, allein gelassen. Es fällt mir ohnehin sehr schwer, diese ganze Joker origin so wie hier beschrieben stehen zu lassen, jetzt wo ich das Ende von „Three Jokers“ kenne. Denn hier wird ja angedeutet, dass der Mann, der zum Joker werden sollte damals nicht nur „gut im Bett“, sondern auch gut in häuslicher Gewalt war und dass Jeannie gar nicht gestorben, sondern viel mehr vor ihrem prügelnden Mann geflohen ist und ihren Tod nur vorgetäuscht hat…
    Die Darstellung der Nacktheit von Barbara Gordon war ursprünglich wohl noch krasser gewesen, ihre Brüste waren vollständig zu sehen, was für solche Bilder, sein wir mal ehrlich, auch so sein sollte, da der Schockeffekt dadurch um ein vielfaches intensiver ist, insbesondere für ihren Vater. Diese „censored page“ wurde aber wohl im Nachhinein abgeschwächt. Verständlich, da es sich hier ja immerhin noch immer um ein Batman Comic handelt.
    Diese Inzest-Andeutung, auf die du hier anspielst, macht für mich ehrlich gesagt keinen Sinn, nimm’s mir nicht übel. Nur, weil beide nahezu nackt auf derselben Seite zu sehen sind…nein, auf diese Idee würde ich im Leben nicht kommen. Für mich sieht man da einen durch Nacktheit gedemütigten und verletzlichen, alternden Vater, der seine nackte, blutende Tochter in Großaufnahme sieht. Und der neben Vergewaltigung auch das Schlimmste befürchten muss. Wobei ich mich immer noch frage, ob der Joker sie wirklich vergewaltigt hat. Ich meine ob das wirklich Teil seines Plans war, ob er überhaupt daran interessiert wäre. Ich bin mir nicht sicher, wie ich darüber denke aber irgendwie glaube ich, die Fotos waren ihm wichtiger. Und der Versuch, auch Gordon das Kind zu nehmen und ihn ebenso in den Wahnsinn zu treiben mit diesem „einen, schlechten Tag“.

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