Scarface

Galgenmännchen

DC Comics

DC Comics

Titel: Batman/Scarface – A Psychodrama (dt. Batman/Scarface – Ein Psychodrama)

Autor/Zeichner: Alan Grant/Charlie Adlard

Erschienen: 2001 (One-shot), dt. Panini 2002 (Batman Finest #1)


„Ich bin nicht nur ein Holzglock –“ (Scarface)

Der Bauchredner Arnold Wesker klebt seiner Puppe Scarface den Mund zu, fesselt sie auf einem Brett und lässt sie in Flammen aufgehen während sie aufs Meer hinaustreibt. Mithilfe von Doktor Arkham soll das der erste Schritt zur Heilung sein. Wesker wird aus der Anstalt entlassen und versucht ein neues Leben anzufangen – als Bauchredner. Ob das eine gute Idee ist? Natürlich nicht. Denn auch wenn er sich eine neue Puppe schnitzt, auch wenn sie weiblich ist und Lola heißt, lässt sich Scarface nicht abschütteln. Das Holz, aus dem die Puppe gemacht ist, entstammt einem Galgen, an dem die Verurteilten von Blackgate gehängt wurden, und ist folglich verflucht von ihren Seelen. Also entwickelt Scarface ein Eigenleben, das ihn über Umwege wieder zurück zu Wesker führt. Auch der Pinguin hat die Flossen im Spiel …

Batman spielt in diesem Psychodrama nur eine kleine Rolle. Im Mittelpunkt stehen Wesker und die Puppe, allerdings ohne große psychologische Tiefe. Durch den angedichteten Fluch wird die Einbildung relativiert. In gewisser Weise erinnert das Comic an die Serienepisode „Double Talk“ der New Batman Adventures (S01E04, 1997), in der Wesker ebenfalls versucht, von Scarface loszukommen, aber seine alte Gang ihn wieder mit Scarface zu verbünden versucht. Die Episode macht vieles besser als das Comic, weil sie wirkliche Empathie für die Hauptfigur weckt. Die Figur so stark mit Hokuspokus aufzuladen, schießt in diesem „Psychodrama“ übers Ziel hinaus. Grafisch ist das Heft auch eher aus einfachem Holz geschnitzt.

Ein Beben geht durch Gotham

DC Comics

Titel: Cataclysm (dt. Inferno)/Aftershock (dt. Nachbeben)

Autor/Zeichner: Alan Grant, Doug Moench, Chuck Dixon u.a./Jim Aparo, Klaus Janson u.a.

Erschienen: 1998 (18-teilig in mehreren Serien und One-Shots), dt. Dino 1999-2000 (Batman #40-46, Batman Special #9-11, Batman präsentiert #1-2)


„It’s never easy to find inner strength and peace, even when the outer world is relatively stable…the destruction of physical reality always does spiritual damage.“ (Bruce Wayne)

„… there’s little I can do against disease and natural disasters. A lost cause can become a fool’s errand. I’m still only human. I did what was humanly possible. I hope you don’t think I’ve failed in my promise.“ (Batman)

Nach der Seuche kommt das Erdbeben. Gotham wird zerstört, es herrschen Tod, Chaos und Verbrechen. Ein gewisser Quakemaster bekennt sich, die Katastrophe verursacht zu haben und erpresst die Stadt. Die Frage ist nicht, ob er es wirklich war, denn umgehen müssen Batman und seine Verbündeten so oder so mit einer kaum zu bewältigenden Herausforderung. Batman verzweifelt an dem Verfall seiner Stadt und dem Massentod seiner Bewohner, vor allem aber an der Tatsache, dass er niemandem die Schuld an dem Unglück geben kann. Er kämpft an allen Fronten – aber es gibt keinen Gegner, den man verprügeln und einbuchten könnte. Das mag zwar das alte Batman-Schurken-Schema durchbrechen, indem es dem Helden neue Seiten und Leidenswege eröffnet, aber es funktioniert nur schleppend.

Ein One-shot ist Arkham Asylum gewidmet, einer dem Blackgate-Gefängnis, doch nichts davon ist der Aufmerksamkeit wert. Die Blackgate-Episode ist Mittelmaß, Arkham sogar deutlich darunter. Die Insassen der Irrenanstalt brechen aus und erzählen sich Geschichten – ganz in der Tradition von Boccaccios Dekameron, aber keine davon hat das Zeug zum Klassiker.

DC Comics

Der Erzählzyklus Aftershock ist so etwas wie ein langer Durchhänger – für Batman wie für seine Leser. Es gibt keinen Handlungsbogen, vielmehr eine Reihe von Kurzgeschichten über das Elend in Gotham, Arbeitslose, Obdachlose, Plünderer. Hin und wieder erscheinen ein paar der üblichen Verdächtigen (Mr. Freeze, Clayface, Mad Hatter, Joker) – allerdings nur, um gleich wieder zu verschwinden. Oft tritt die Sache auf der Stelle, es gibt Ausgaben, in denen nur lamentiert wird: wie schlimm alles ist und wie schön es früher war. In Batman #558 sieht man einen verzweifelten Batman, der seinen Butler umarmt und sagt: „Hilf mir, Alfred! Ich brauche Kraft! Ich komme einfach nicht mit dem Tod zurecht, alter Freund. Das kam ich noch nie. Er … zerreißt mich.“ Mehr Emo geht nicht.

Vielleicht muss die Geschichte so sein: Eine ermüdende Durststrecke. Es gibt darunter jedoch einige narrative Lichtblicke. Vor allem die Storys, die Alan Grant für Shadow of the Bat geschrieben hat, stechen in ihrer Qualität heraus. Etwa #76 (Dino: Batman #43), in der erzählt wird, wie eingeschlossene Menschen zu Kannibalen werden, oder #77 (Dino: Batman #44), wo ein Professor eine Klasse voller toter Studenten über Darwinismus unterrichtet und Batman dabei Teil eines Experiments wird. Leider muss Grant am Ende, für alle, die es nicht verstanden haben, die Moral wiederholen: „Vielleicht irrte sich Darwin doch. Nicht der Stärkste überlebt … Auch nicht der mit dem meisten Glück. … Sondern der, der nicht aufgibt!“

Die Geschichten leiten über zum größeren Event, dem No Man’s Land (dt. Niemandsland). Und genauso lesen sie sich auch: Wie Lückenbüßer.

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