Titel: Robin & Batman
Autor/Zeichner: Jeff Lemire/Dustin Nguyen
Erschienen: 2021-2022 (Miniserie #1-3), Hardcover 2022
„He’s a soldier, not some mascot like the others.“ (Batman)
Nach über 80 Jahren muss man sich fragen: Ist Robin überhaupt noch zeitgemäß? Der Charakter wurde anfangs für Kinder geschaffen und diente vor allem als Identifikationsfigur. Batman wurde freundlicher durch ihn, kindgerechter. Als er wieder ernster wurde, arbeitete er meist wieder allein – aber so ganz verschwand Robin nie und es wäre auch falsch zu sagen, die besten Batman-Storys kämen ohne Sidekick aus. Und auch wenn er längst seine eigenen Serien und Teams hat, hadert man mit diesem quietschbunten Jungen neben dem Dunklen Ritter …
Nun hat sich Jeff Lemire (Joker: Killer Smile) des Problemkinds angenommen, zusammen mit Dustin Nguyen, der bereits in Detective Comics und Streets of Gotham Batman und Robin zeichnen durfte. (Gemeinsam erschufen sie die Science-Fiction-Serien Descender und Ascender.) Diesmal heißt es aber: Robin & Batman. Es geht um Dick Graysons Anfänge in der Rolle. Die tragische Ursprungsgeschichte (zuerst dargestellt in Detective Comics #38) wird ausgelassen und nur angedeutet, dafür sehen wir, wie Dick mit Batman trainiert und seine Rolle erst finden muss. Nach einem verpatzten Einsatz wird er „gefeuert“, dann macht er sich selbst ein Kostüm, um es Batman zu beweisen, dass er würdig ist. Schließlich nehmen sie es gemeinsam mit Killer Croc auf, den Dick bereits aus Zirkustagen kennt.
Fusion aller Robins
Die dünne Story ist nebensächlich. Sie dient nur als Aufhänger für den inneren und äußeren Konflikt der Hauptfigur. Lemire stellt das geschickt an. Dick ist mit seinen zwölf Jahren etwas älter als andere Robin-Versionen. Dann rechtfertigt Batman, warum er ein Kind in Gefahr bringt so: Das Kind sei mit seinen Eltern gestorben. Nun ziehe er einen Soldaten heran. (Frank Millers Dark Knight lässt hier grüßen.) Robin als Kindersoldat – das hat mehr als nur ein Geschmäckle. (Die Metapher ist auch schief: Soldaten töten auf Befehl, was Batman nicht tut.) Doch Batman scheint das nicht zu problematisieren: Irgendwann brauche er halt einen Nachfolger.
Diese Version von Dick Grayson erscheint wie eine Fusion aus allen späteren Robins: Die Verbindung zu Killer Croc schlägt die Brücke zum ersten Jason Todd, seine Aggression und Rücksichtslosigkeit bei der Folter erinnert an den impulsiven Killer Damian. Und dann ist er in vieler Hinsicht so eiskalt berechnend wie sein Mentor: Bei seinem ersten Besuch im Justice-League-Satelliten spioniert er die Teen Titans für Batman aus und erstattet danach pflichtbewusst Bericht über ihre Schwächen, als wäre er ein programmierter Roboter. Dafür muss sich Batman dann von Alfred „Bastard“ schimpfen lassen.
Fazit
Robin & Batman hat viele solcher starker Momente, in denen die Charaktere plastisch werden. Lemire legt es nicht darauf an, sie unbedingt sympathisch erscheinen zu lassen. Batman ist ein unbarmherziger Tyrann (was etwas an Frank Millers All-Star Batman erinnert). Er misshandelt Robin zwar nicht, er er liest in dessen Tagebuch, verletzt die letzte Privatsphäre, die dem Jungen bleibt. Dass Robin sich das zwar nicht gefallen lässt, aber trotzdem Batman nacheifert, macht den Jungen auch nicht gerade sympathischer. Doch dieser Robin lässt sich nicht kleinkriegen, er geht seinen eigenen Weg und schon hier wird angedeutet, dass es mal auf Nightwing hinauslaufen wird.
Dustin Nguyen inszeniert den Comic wie immer in seinen organisch wirkenden Wasserfarben und verleiht ihm auch eine traumartige Aura, was die Story perfekt zwischen Realität und Fantasie (bzw. Fantasy) verortet. Das ist das Zwischenreich, wo Superheldengeschichten am besten aufgehoben sind. Hier gelingt es wie im Bilderbuch.

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Danke für den spannenden Artikel, ich habe mir zu dem Thema tatsächlich auch des öfteren schon Gedanken gemacht.
Einerseits will ich beim Thema „Batman und Robin“ natürlich nichts von einem „Kindersoldaten“ wissen, aber als was sollte man Batmans sidekick denn sonst bezeichnen? Diese Thematik wurde glaube in der zweiten Staffel von NETFLIX‘ „TITANS“ auch schon angesprochen in der Jason zu Dick meinte Robin wäre eigentlich nur dazu da, die bösen Buben mit seinem knallbunten Kostüm zu verwirren und abzulenken, damit Batman als DUNKLER RITTER von oben herab stürzen und so seinen Überraschungsmoment genießen könnte, wenn sie dadurch noch mehr verängstigt wären. Robin sei nur ein Mittel zum Zweck, um Batmans Auftreten noch unheimlicher wirken zu lassen. Und dass Bruce Dick zwar immer nur helfen wollte, er ihm aber nur den einen Weg zeigen konnte, den er selbst kannte: Den Weg der Gewalt. So gänzlich verstanden habe ich diese Argumentation nicht, aber Batman wird in „TITANS“ ohnehin ziemlich armselig dargestelt, so what.
Ist Robin ein Kindersoldat? Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Er tötet zwar nicht, begibt sich aber selbst in ständige Lebensgefahr. Freiwillig, ja. Aber das zählt ja nicht, er ist ja noch nicht einmal geschäftsfähig in dem Alter, kann vieles vielleicht noch nicht abschätzen, ist eben noch ein Kind.
Ich stimme dir zu, Lukas: Es ist Fantasy. Ich finde, man muss die Kirche auch mal im Dorf lassen können. Robin ist Robin. Besser, Batman bildet ihn aus und ist ihm ein Mentor, zeigt ihm einen Weg, mit seinem Verlust umzugehen, als wenn dieser daran zerbricht und auf die schiefe Bahn gerät. Ist jedenfalls meine Meinung.
In der heutigen Zeit muss es einen allerdings schon sehr wundern, dass in den U.S.A. noch kein Sittenwächter auf die Idee gekommen ist Robin zu verbieten, eben weil man ihn in gewisser Weise als eine Art Kindersoldaten betrachten könnte, wenn man das denn unbedingt wollte.
Für mich gäbe es tatsächlich schlimmeres, denn auch, wenn ich die unbedingte Notwendigkeit Robins für Batman schätze und anerkenne, so habe ich stets die Geschichten am meisten genossen, in denen Bats solo unterwegs war; schön dunkel und grimmig. Vielleicht liegt das aber auch nur daran, dass die sogenannte „Bat-Family“, mit Batgirl, Batwoman, Robin, Red Robin, Nightwing, Huntress, Ace dem Bathound, Batkuh(!), Batmouse und Batkatze und weiß der Kukuck wem sonst noch alles für mich zum Teil ein wenig ausgeufert ist. Da war und ist für mich persönlich zeitweise schon immer zu wenig Batman drin gewesen in den Batman Comics 😉
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