
DC Comics
Titel: Earth One (dt. Erde eins)
Autor/Zeichner: Geoff Johns/Gary Frank
Erschienen: 2012 (One-shot)
„Wir sind in Gotham. Hier gibt’s nur böse Cops.“ (Bullock)
Die Aktion ist dumm gelaufen: Zuerst versagt die Hakenpistole, dann verschätzt sich Batman mit dem Sprung von Dach zu Dach und fällt in einen Haufen Müll. Die Räuber, die an ihm vorbeilaufen, verfolgt er gar nicht erst. Die Moral ist am Boden. Als er dann eine Obdachlose in einer Gasse kauern sieht, reicht er ihr immerhin ein paar Dollar bevor er in seinen Wagen steigt und davonbraust. So hat er wenigstens etwas Gutes in dieser Situation bewirkt.
Batmans erster Fall ist ein wahrer Reinfall. Zumindest auf Erde eins, einem Paralleluniversum zur kanonischen Erde null des DC-Universums. Für diese Reihe hat Geoff Johns die Batman-Geschichte nochmal, aber ein bisschen anders erzählt, ein wenig wie Elseworlds, aber doch vertraut genug. Die Charaktere und Konstellationen sind leicht verschoben: Alfred ist ein alter Kriegsveteran und Freund von Thomas Wayne, der wiederum für das Amt des Bürgermeisters kandidiert hat, bevor er bei einem Raubüberfall erschossen wurde. Martha Wayne ist eine geborene Arkham, die sich für Geisteskranke einsetzt. Harvey Bullock ist ein junger Cop aus Los Angeles, der bereits eine eigene TV-Show hatte. James Gordon ist ein abgebrühter, desillusionierter und unmotivierter Bulle, der den Kampf gegen das Verbrechen aufgegeben hat. Und der Bürgermeister von Gotham heißt Cobblepott.
Bruce Wayne geht es anfangs nur darum, den Mord an seinen Eltern aufzuklären, weil er an eine Verschwörung glaubt. Eine Begegnung mit Fledermäusen und eine Samurai-Rüstung inspirieren ihn zu seinem Batman-Kostüm, das nicht nur handgenäht aussieht, sondern auch auf die typischen weißen Augen verzichtet, Alfred übernimmt seine Ausbildung. Doch zu Beginn geht alles schief. Batman wird ordentlich vermöbelt und angeschossen, stellt sich unbeholfen an, ja fast schon trottelig. Aber mit Hilfe von Freunden wie Alfred, Gordon und Bullock löst er doch seinen ersten Fall – auch wenn er dabei buchstäblich mit dem Kopf durch die Wand bricht. Ganz nebenbei stellt er einen Mädchenmörder. So wird der Rächer in eigener Sache zum Wohltäter für andere.
Im Grunde kennt man die Geschichte zu Genüge. Insofern erinnert Earth One sehr – und vielleicht zu stark – an Year One. Und im Vergleich zum Zero Year, dem Batman-Origin nach dem Reboot, ist Earth One auch in Sachen Subtilität näher dran an Frank Millers Meilenstein. Statt große Geschütze aufzufahren, erzählt Johns eine bescheidene Geschichte, in der das Altbekannte nur angedeutet wird, den Text zurücknimmt und in der er neue Akzente setzt. Im Mittelpunkt steht die Beziehung zwischen Bruce und Alfred, besonders letzterer bekommt viel Aufmerksamkeit. Vom steifen Butler ist nichts mehr übrig. Alfred schlägt Bruce wenn nötig zusammen, um ihm Vernunft einzubläuen.
Durch die starke Bildsprache von Zeichner Gary Frank, dem mit feinem Strich sowohl ausdrucksstarke Gesichter als auch dynamische Körperbewegungen gelingen, ist Earth One eine gelungene Variation des alten Themas, auch wenn nichts grundsätzlich Neues erzählt wird und die Notwendigkeit dieser Geschichte angesichts von Zero Year zweifelhaft erscheint. Für Mai ist bereits eine Fortsetzung angekündigt.
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