Batman goes Dickens

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DC Comics

Titel: Batman Noël

Autor/Zeichner: Lee Bermejo

Erschienen: 2011 (One-shot)


„Here lies a bat. He died boring predictable and nobody loved him.“

Der geizige Misanthrop, der nach dem Besuch dreier Geister an Heiligabend zu einem guten Menschen wird – diese Geschichte dürfte längst toterzählt sein. Auch Batman ist seinen drei Geistern bereits begegnet, allerdings an Halloween (in Haunted Knight). Doch Lee Bermejo, der sich bislang als Talent am Zeichentisch bewährt hat, meinte, in seinem Erstlingswerk als Autor trotzdem sich diesen alten Hut aufsetzen zu müssen. Und siehe da: das Weihnachtswunder ist ihm gelungen!

Wie schon sein Joker-Band ist auch Noel in einem einzigartigen Stil gestaltet: Realistisch, lebensnah, cineastisch. Gotham erstrahlt ausnahmsweise mal hell, ohne wie am Tag zu wirken, alles leuchtet in warmen Farben. Bermejo hat viel Mühe in Details gesteckt. Auch bewegt sich die Geschichte in einem eigenen, nicht-kanonischen Universum: Batmans Anzug wirkt wie eine selbstgenähte Rüstung, selbst das Batmobil sieht anders, aber durchaus schnittig aus, der Joker hat erneut ein Glasgow-Smile.

Ein Psychogramm des Helden

In so einem erfrischend anderem Setting kann Bermejo die altbackene Geschichte spielen lassen, ohne dass etwas davon angestaubt wirkt. Interessanterweise übernimmt nicht ein Schurke wie etwa der Pinguin die Rolle von Scrooge, sondern Batman. Er ist der hartherzige Fanatiker, der einen alleinerziehenden Vater, der sich als Bote für den Joker verdingt, zum Köder macht und dabei Vater und Sohn gefährdet. Batman ist aber auch einer, der sich selbst ausbeutet, weil er eigentlich mit seiner Husterei krank im Bett liegen sollte, statt auf Jokerjagd zu gehen. Der Vorteil von Noel ist, dass die Story keine Geister im eigentlichen Sinne auftreten lässt, sondern Batman drei bekannten Personen begegnet, die ihn zum Nachdenken bringen: Catwoman, Superman und Joker. Von Geistern spricht lediglich der Erzähler, es handelt sich also um eine Allegorie. Jedoch ist dieser Erzähler so skeptisch und distanziert zu seiner Geschichte, dass auch das darin liegende Pathos ironisch gebrochen wird.

In gewisser Weise kann man Noel auch als zweiten Teil oder Gegenstück zu Bermejos Joker lesen. Während letzteres ein Psychogramm des Schurken ist, ist ersteres eines des Helden. „I guess he’s a necessary evil“, sagt ein Polizist über Batman. Der Held erscheint in einem zweifelhaften Licht. Verständnis zeigt der Erzähler, für ihn ist Batman ein Opfer seines Kampfes geworden:

„He had pretty much resigned himself to the fact that life is a never-ending battle. The darkness of the world had forced him into the shadows, and the only way to combat the monsters was to become one himself. (…) Sometimes, when you work in the dirt, it gets tough after a while to clean yourself off. You get used to the filth. You even start to feel comfortable in it. Then you wake up one day and wonder why everyone else thinks you’re dirty.“

Zum Schluss kommt die Erkenntnis auf dem Friedhof: Lebendig begraben, von einer Schreckensvision geplagt, erkennt Scrooge-Batman, dass wenn er so weitermacht, er nur Schmerzen hinterlassen wird. Also rafft er sich auf und bringt die Dinge wieder in Ordnung.

Wie bei Charles Dickens ist auch Noel eine klassisch-humanistische Weihnachtsgeschichte mit der Prämisse, dass Menschen sich zum Guten ändern können. Daher gibt es auch das typisch romantische Ende, das man aus unzähligen amerikanischen Filmen kennt, wo alles zu Weihnachten nicht nur besser sondern am besten wird. Aber hier passt alles wunderbar zusammen: der Schrecken und die Erleichterung, die Gewalt und die Erlösung. Verblüffenderweise erzählt Lee Bermejo eine alte Geschichte wie zum ersten Mal.

>> Batman zu Weihnachten

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