The Dark Knight Returns: Ein Cover wird versteigert

Es ist wohl das Batman-Cover schlechthin. Nach den ikonischen Covern des Golden Age wie Detective Comics #27 und Batman #1 ist es das Cover von The Dark Knight Returns #1, das jeder Comicfan kennt. Genauso wie den Comic selbst. So revolutionär der Vierteiler von Frank Miller von 1986 war, so auch dieses Titelbild: eine schwarze Silhouette eines springenden Batman vor einem Blitz, der sich von oben nach unten zieht, ein aufflackerndes Dunkelblau am Nachthimmel – Minimalismus pur, reduziert auf den maximalen Effekt.

Am 16. Juni 2022 wird das Originalgemälde von Frank Miller und Lynn Varley bei Heritage Auctions versteigert, zusammen mit anderen Originalwerken von Miller. Schon jetzt liegt der Preis bei über einer Million US-Dollar. Wer auch immer den Zuschlag kriegt, wird im Besitz eines Stückes Comicgeschichte sein. Eigentlich gehört so etwas ins Museum, damit es alle sehen können.

Für alle verfügbar erzählt Heritage in einem liebevoll gestalteten digitalen Katalog die Geschichte des Covers sowie des Comics nach und lässt Frank Miller in einem Interview seine Erinnerungen Revue passieren. Wer keine Lust hat zu lesen, kann sich auch dieses kurze Video ansehen (oder auch die Langfassung weiter unten).

Als Miller an TDKR arbeitete, war er erst 28 Jahre alt. Er hatte für Marvel einen gefeierten Daredevil-Run geschaffen sowie die experimentelle Miniserie Ronin für DC. Ursprünglich wollte er für DC Batman, Superman und Wonder Woman rebooten, daraus wurde zunächst nichts, aber daraus ging die Idee zu TDKR hervor.

Die Story ist bekannt: Ein dystopisches Gotham voller Verbrechen, am Rande eines drohenden Atomkrieges, ein alter Bruce Wayne im Ruhestand, der wieder zu Batman wird. Er kämpft gegen Two-Face, den Joker sowie am Ende gegen Superman. Außerdem gibt es mit Carrie Kelley einen weiblichen Robin. Interessant wird dieser Abgesang auf Batman durch Millers eindringliche Charakterzeichnung und seinen pointierten Hardboiled-Schreibstil, aber auch durch seine Zeichnungen, die einerseits sperrig erscheinen, andererseits raffinierte Layouts aufweisen und ikonische (Splash) Panels, die sich einbrennen. Koloristin Lynn Varley hat daran einen großen Anteil.

Das Cover ist das erste in einer ganzen Reihe von solchen erinnerungswürdigen Bildern. Anders als andere Cover dieser Zeit schreit es einen nicht farbenfroh an und verrät schon, was einen im Inneren erwartet, sondern macht neugierig und weckt Erwartungen, denn Batman ist eben nur angedeutet – und das bleibt er auch bis zur Mitte des ersten Teils. Erst nach und nach wird er wieder eingeführt, bis er in voller Montur klar zu sehen ist. Damit steht das Cover in einer raffinierten Gesamtkomposition.

Blitz und Donner sind nicht nur wiederkehrende Motive in der Geschichte, oft gehen sie mit dramatischen Auftritten von Batman einher, genauso wie sein ständiges Zerbrechen von Fensterglas. Dieses Cover bringt es auf den Punkt – oder besser gesagt auf eine zittrige Linie. Es strotzt vor Energie, es elektrisiert geradezu.

Cover zu The Dark Knight Returns #2-4 (DC Comics)

Im Vergleich zu den anderen drei Covern der Miniserie wird deutlich, was es besonders macht. Das zweite zeigt das genaue Gegenteil: einen Batman in allen Details, mit unzähligen Runzeln und Falten, sein Kostüm ist zerrissen, sein Mund geschwollen – eine monströse, riesige Erscheinung, die das Bild ausfüllt, sich geradezu hineinpresst in einen Rahmen, den es zu sprengen droht. Das zweite kommt wieder minimalistisch daher, mit dem riesigen Batsignal und einem kleinen Robin auf schwarzen Hintergrund, lässt aber Dramatik vermissen. Die kommt erst wieder auf dem vierten Cover, wo wieder nur Silhouetten zu sehen sind, diesmal von einem schwer bewaffneten Dunklen Ritter in Rüstung und Superman vor einem orange-roten Himmel, der aussieht, als würde er brennen. Damit wird zwar der Kreis zum ersten Cover geschlossen, doch an dessen Reduktion kommt es nicht heran.

Nicht ohne Grund wurde daher das Bild mit Batman und dem Blitz oft zitiert. Immer und immer wieder. Ob auf anderen Covern, Variants oder auf Comicseiten, egal ob DC, Marvel oder andere Verlage: Andrea Sorrentino zitierte eine Hommage in Old Man Logan, weitere Hommagen finden sich auf Covern von The Boys und Knighted.

Hommagen an das Cover von The Dark Knight Returns. (DC/Marvel/Dynamite/AWA)

Auch The Dark Knight Returns selbst ist längst ein einflussreicher Klassiker. Im Grunde steht der ganze moderne Batman in der Schuld von Frank Miller – bereits seit 36 Jahren, sodass man sich fragen kann, ob man noch von „modern“ sprechen kann, denn dieses Vorbild ist fast halb so alt wie Batman selbst. Eigentlich wäre es längst Zeit für ein neues Vorbild. Doch Batman scheint aus Millers Mühle nicht herauszukommen.

Cover zu Harbinger #13 und Gnatrat: The Dark Gnat Returns.

Vielleicht liegt es an der Einfallslosigkeit der Autoren, vielleicht aber auch daran, dass Miller mit TDKR – und seinem Prequel Year One – den perfekten Batman geschaffen hat. Beide Comics fangen die Essenz des Helden so gut ein und gehen zugleich bis ans Äußerste, dass damit eigentlich das Wesentliche über Batman gesagt ist. Alles andere ist zur Fußnote verdammt.

Und das alles fängt das erste Bild ein: ein schwarzer Schattenriss vor einem Blitz am Nachthimmel.

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2 Kommentare

  1. Ja wie wahr. Ich bin zwar weiß Gott kein glühender Verehrer von TDKR oder Frank Miller an sich, aber zusammen mit „Year One“ hat Miller die Figur des Batman geprägt wie kein anderer. Bis heute. Das muss man ihm lassen.

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