Indianer-Crashkurs mit Batman und Green Arrow

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DC Comics

Titel: Batman and the Green Arrow: Wrath of the Thunderbird

Autor/Zeichner: Bob Haney/George Papp

Erschienen: 1967 (The Brave and the Bold #71)


Das erste Treffen von Batman und Green Arrow in der Serie The Brave and the Bold ist deshalb bemerkenswert, weil die beiden nicht zusammenkommen, um gegen einen gemeinsamen Schurken kämpfen, sondern um jemandem zu helfen: Der Native American („Indianer“) John Whitebird soll sich mit Tom Tallwolf um den Posten als Stammeshäuptling in einem Wettkampf messen. Doch Whitebird ist eigentlich Unternehmer in Gotham und hat von Reiten und Bogenschießen keine Ahnung. Und Tallwolf den Posten zu überlassen, ist keine Option, denn der (ebenfalls Unternehmer) ist skrupellos. Also helfen ihm Batman und Green Arrow (die wieder mal nichts besseres zu tun zu haben scheinen) beim Training.

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Batman trainiert mit Whitebird. (DC Comics)

Das klingt nach einer harmlosen Geschichte. War sie damals auch. Aber aus heutiger Sicht hat sie ein Geschmäckle, nicht nur weil Wörter wie „redskin“ (Rothaut) fallen, sondern weil hier zwei „Weiße“ einem offenbar gut in die Mehrheitsgesellschaft integrierten Native American zeigen, wie man sich als waschechter „Indianer“ benimmt – samt allen Klischees, die man aus Western kennt.

Der Wettkampf findet in einer Arena mit vielen Zuschauern statt. Viele, auch die Bewerber, tragen Federn am Kopf. Doch der Kampf ist manipuliert. Tallwolf hat mit dem namenlosen (weißen) „Promoter“ einen Deal gemacht, um sicherzugehen, dass er gewinnt. Also wird Whitebird beim Reiten geblendet und später beim Bogenschießen um seinen Sieg gebracht, was Batman und Green Arrow herausfinden.

Der Promoter will als Lohn die Macht über den Thunderbird, einen riesigen, geierartigen Vogel, der einst den Vorfahren der Natives gedient haben soll. Tallwolf beschwört den Vogel herauf und der greift sie an. Green Arrow hilft mit Fallschirmpfeilen, Rauchpfeilen, Bolapfeilen, Elektropfeilen – so rettet er Batman aus den Klauen des Vogels.

Moral? „You can’t trust pale-faces!“, sagt Tallwolf. Whitebird korrigiert ihn: Batman und Green Arrow seien zwei Bleichgesichter, denen jeder trauen könne. Dabei ist Tallwolf selbst nicht ohne gewesen.

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Machtübergabe im Tipidorf: Tallwolf und Whitebird. (DC Comics)

Am Ende überlässt der geläuterte Tallwolf seinem Konkurrenten Whitebird den Stammesvorsitz. Die Szene findet – äußerst realitätsfremd – in einem Tipidorf statt. „Follow his wise counsel to a new and better life — in the new world that awaits us!“, sagt Tallwolf, als er Whitebird seine Federkrone aufsetzt. Was er mit „neuer Welt“ meint, bleibt offen. Eine „Neue Welt“ ist Amerika höchstens für die Weißen (gewesen). Immerhin deutet sich in der Aussicht auf ein besseres Leben an, dass das Leben der Natives derzeit nicht sehr rosig ist.

Die Story findet sich nicht im ersten Omnibus-Band von The Brave and the Bold (wie auch die ersten sechs Batman-Team-ups davor), der versammelt erst die darauffolgenden, was viele Fans ärgert (auch mich), weil dadurch eine Lücke in der Sammlung klafft. DC rechtfertigt das damit, dass erst mit Ausgabe #74 das Bronze Age begann (eine zweifelhafte und willkürliche Festlegung). Ein Grund könnte auch sein, dass man sich die Peinlichkeit ersparen wollte, diese unzeitgemäße Geschichte neu abzudrucken.

Ähnlich war es bereits, als man Detective Comics #1 in der 80-Jahre-Anthologie aussparte (mutmaßlich wegen rassistischer Darstellung von Asiaten). Dabei steht in all den Golden-Age-Omnibussen der Hinweis, dass es sich um historisches Material handelt.

Im Vergleich zu den „Indianer“-Batman-Storys der 50er ist diese hier immerhin gut gemeint. Nur wenige Jahre später wird sich Green Arrow zusammen mit Green Lantern davon überzeugen, welche Probleme Native Americans wirklich haben.

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3 Kommentare

  1. Hi,
    wenn Du schon bei Begriffen bist, die heute nicht mehr sinnvoll sind, dann fällt mir auch dieser Satz auf :

    „Doch der Kampf ist getürkt.“

    🙂
    Ansonsten alles tolle Artikel!

    Gefällt 1 Person

    1. Hi Harald, danke für den Hinweis. Ich habe bei dem Begriff zwar noch nie an Türken gedacht (und tatsächlich ist der Ursprung laut Duden ungeklärt), aber wenn das Wort als diskriminierend empfunden wird, benutze ich es nicht mehr. Habe es im Artikel korrigiert.

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  2. Danke für den Artikel! Ich finde derlei Geschichten immer sehr spannend, das sind ja quasi gedruckte Zeitzeugen, wenn man so will. Ist schon komisch, dass die „weißen Amerikaner“ so stolz sind auf ihre Geschichte, aber immer dann ein Problem damit haben, wenn sie selbst dabei nicht so gut weg kommen.
    Sich kritisch mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen war noch nie so ihr Ding. Gewisse Aspekte werden ausgespart und nahezu verdrängt und ignoriert. Schade eigentlich. Würde ihnen gut tun, vielleicht käme dann bei einigen mal nicht immer nur „America first“…

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