Titel: Batman ’89
Autor/Zeichner: Sam Hamm/Joe Quinones
Erschienen: 2021-2022 (Batman ’89 #1-6), Hardcover 2022
Alles, was geschieht, hätte auch anders passieren können. In einem Universum wurde Tim Burton nach zwei Batman-Filmen gefeuert und Joel Schumacher durfte das Franchise im Kino zugrunde richten mit Batman Forever und Batman & Robin. Was aber, wenn Drehbuchautor Sam Hamm die Gelegenheit gehabt hätte, einen dritten Batman-Film zu schreiben? Nun durfte er das zumindest im Comic-Format nachholen.
Der Titel „Batman ’89“ führt etwas in die Irre, denn 1989 kam der erste Film heraus, der zweite 1992, also müsste das hier eher „Batman 95“ heißen, aber das wäre wohl zu verwirrend, daher bedient man die Nostalgie des Batmania-Jahres.
Die Story spielt ein Jahr nach Batman Returns. Bruce Wayne (Michael Keaton) ist dennoch sichtbar gealtert, hat graue Schläfen, scheint aber immer noch fit. Die Handlung konzentriert sich auf Harvey Dent (Billy Dee Williams) und wie er zu Two-Face wird. Im dritten Film wurde die Rolle mit Tommy Lee Jones neu besetzt, daher wird hier eine verpasste Gelegenheit nachgeholt. Der idealistische Bezirksstaatsanwalt will Gouverneur werden und Gotham zu einem besseren Ort machen. Außerdem will er die Tochter des Commissioners, Barbara Gordon, heiraten, die ebenfalls Polzistin ist. Doch als er versucht, bei einem Brand den Helden zu spielen, verbrennt er sich eine Gesichtshälfte – mit dem bekannten Resultat.
Als Two-Face will er Gutes tun, indem er Böses schafft: Er will die Korruption beenden, damit Gotham wieder ein besserer Ort wird, eine geeinte Stadt, die bisher gespalten war. Der Zweck soll die Mittel heiligen. Das geht natürlich schief.
Catwoman und ein neuer Robin
Sam Hamm (Blind Justice) schafft es, dem Schurken eine neue Seite abzutrotzen. Harvey ist nicht besessen von Dualitäten und vom Zufall, sondern vielmehr von Quantenphysik, derzufolge jedes Ereignis in der Zeit ein anderes Resultat haben könnte. Sein anderes Ich führt ihm vor Augen, welches Leben ihm durch den Unfall entgeht. Daher präpariert er seine doppelköpfige Münze selbst entsprechend. Schrödingers Katze lässt grüßen.
Apropos Katze: Catwoman (Michelle Pfeiffer) ist auch dabei und als eine Art Vigilantin aktiv, die Einbrechern das Gesicht zerkratzt und sich von Batman küssen lässt. Sie mischt als Hackerin mit und Und dann ist da noch Drake. Nein, nicht Tim, sondern Drake Winston, ein junger Mann, der in einer Autowerkstatt arbeitet und gerne Jacken in Rot, Gelb und Grün trägt, wenn er nicht gerade mit Kapuzenumhang durch die Nacht zieht und kriminelle Möchtegern-Batmen aufmischt.
Und wo bleibt bei all dem Batman? Der ist auch da, aber kaum zu sehen. Anfangs hat er einen Einsatz, bei dem ein Riesenpenny als Souvenir rausspringt, dann sehen wir aber vor allem Bruce Wayne. Selbst im Finale kriegt Batman nicht viel zu tun. Der Showdown findet mit einem verletzten Bruce in der Batcave statt – samt Catwoman und Riesenpenny …
Verpasste Chance
Batman ’89 ist reich an Dialogen, aber arm an Action. Als Superheldenfilm wäre es wohl eher langweilig, aber als Comic auch nicht gerade spannend. Das Problem ist nicht die Handlung, sondern die einfallslose Inszenierung. Joe Quinones zeichnet allzu brav, zwar gelingen ihm die Gesichter der Schauspieler, aber dafür mangelt es an Dynamik und Dramatik. Schatten und Atmosphäre sind ihm fremd – er ignoriert damit völlig Tim Burtons Gothic- und Neo-Noir-Stil. Dass es auch anders geht, zeigen die Comic-Adaptionen zu den Filmen (wie dem ersten, gezeichnet von Jerry Ordway). Kurzum: Alles, was die Filme noch heute sehenswert macht – die Schauwerte – lässt der Comic weg.
Das mag zum Teil auch daran liegen, dass der Autor kaum Platz für etwas anderes als das Nötigste lässt. Jedes Panel treibt die Handlung voran, es gibt kaum mal eine Pause zum Durchschnaufen und Schauen, etwa in Form von wortlosen Panels oder gar Splash Pages, die dramatische Momente würdigen. Stattdessen wird in den sechs Ausgaben möglichst viel an Worten reingepackt und dabei vergessen, dass man einen Comic macht, auf dem Batman steht. Das geht sogar so weit, dass manche Handlung unübersichtlich wird, weil nicht genug Raum dafür gelassen wird.
Die an sich ambitionierte Story hätte eine liebevollere Behandlung verdient. Vielleicht gibt es sie ja bereits – in einem Paralleluniversum.

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Ach menno. Das ist ja wirklich ärgerlich mit diesen viel zu braven Zeichnungen. Allein für Michelle Pfeiffers Catwoman hätte ich wohl gerne zugegriffen, aber das sieht wirklich schlimm aus.
Werde ich mir dann doch mal besser verkneifen, auch wenn’s weh tut. 😦
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Und somit löst eine verpasste Chance irgendwie die vorherige ab. Schade!
Wenn der Ansatz mit Schrödingers Katze auch interessant sein mag (ich steh‘ total auf Quantenphysik), so reißt es das für mich hier jetzt net wirklich raus.
Vielen Dank natürlich dennoch für diese review! 🙂
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