Titel: Batman/Superman: Archive of Worlds (dt. Infinite Frontier)
Autor/Zeichner: Gene Luen Yang/Ivan Reis, Francesco Francavilla u.a.
Erschienen: 2021 (Batman/Superman #16-22, Annual #1), Hardcover 2022 (dt. Panini 2022)
Ein Filmstreifen, so lernen wir bei Scott McCloud, ist eigentlich (wenn man ihn nicht abspielt), nichts anderes als ein langsamer Comic. Na ja, fast. Es fehlen die Sprechblasen und auch eine räumliche Anordnung mehrerer Bilder, was für den Film die Zeit ist, ist für Comics der Raum etc. Also eigentlich funktionieren diese Medien ganz anders, denn niemand schaut sich Filme Bild für Bild an (bis auf die Nerds, die Trailer auf Easter Eggs und Filme auf Fehler hin sezieren). Und trotzdem wird immer wieder versucht, Comics in Filme zu übersetzen oder Filme eben in Comics – und das geht häufig schief.
Dieser Batman-Superman-Comic will ein Film sein. Oder mehrere Filme auf einmal. Das erkennen wir an den zwei Bildreihen, die von einer Perforation gerahmt sind wie auf einem analogen Filmstreifen (die Älteren erinnern sich). Ziemlich Retro ist auch die Story: Da sehen wir einen Superman mit gelbem Wappen auf der Brust in einer Art Golden-Age-Szenario (ohne Batman) gegen Riesenroboter kämpfen, unten Batman und Robin in einer Welt ohne Superman, in der Lois Lane eine Schurkin ist. Dann plumpst plötzlich die Lois Lane von oben nach unten durch ein „Brandloch“ …
Was ist denn hier los? Auf „Erde Null“ finden Superman und Batman einen Satelliten in der Erdumlaufbahn, der in Filmstreifen eingewickelt ist. Beherrscht wird er vom Schurken „Auteur.10“, einer künstlichen Intelligenz, die neue Welten erschafft, um irgendwann eine perfekte zu errichten. „Auteur.10“ hält sich für einen visionären Regisseur. Warum er einen Projektor auf dem Kopf trägt und warum er dazu eine analoge Technik benutzt und wie diese Filmstreifen eine ganze Welt speichern sollen – das sind alles Fragen, die viel zu weit führen.
Von Rann zu Etrigan
Die Story interessiert das alles auch nicht, denn es geht viel mehr um einen Parforceritt durch lauter schräge Welten, in denen Alfred dank Venom zu Bane wird, Joker und Pinguin zu Monstern mutieren, man auf dem Planeten Rann gegen Riesenwürmer kämpft und dann im Wilden Westen landet, bevor man sich mit Dämonen wie Etrigan anlegt. Das alles hat weder Zusammenhang noch tieferen Sinn.
Es ist eine Handlung, die im Stile der „Imaginary Stories“ aus dem Silver Age stammen könnte, doch hier fehlt der Charme der kindlichen Naivität. Man könnte das Ganze als Meta-Kommentar oder Parodie lesen, aber dafür ist es weder klug noch witzig genug. Ein „Gott der Geschichten“ wäre ein starker Aufhänger für eine interessante Super-Story. Stattdessen springen wir beliebig von einer albernen Szene zur nächsten und müssen uns durch schwachsinnige Dialoge mühen (die in der schlampigen deutschen Übersetzung nicht besser werden). (Nein, „silicon“ ist nicht „Silikon“, sondern Silizium!)
Ende einer Serie
Ivan Reis‘ detailreiche und dynamische Zeichnungen sorgen immerhin für Schauwerte und sollen mit Darstellungen von Filmsalat das Auge überwältigen, damit das Gehirn aufhört zu denken. Aber selbst im Leerlauf tut das Lesen weh. Und obwohl sechs Kapitel mehr als genug sind, wird das Konzept bis ins Annual überstrapaziert. Da darf man dann die Storys von zwei Seiten lesen und muss das Heft drehen – ein Gimmick, der eine bessere Geschichte verdient hätte als einen Bruce Wayne als „Two-Face Bizarro“, den Batman (zum x-ten Mal!) mit einer gefälschten Münze reinlegt.
Damit endet auch die zweite Batman/Superman-Serie, von der nichts in Erinnerung bleiben wird. Nächster Versuch: World’s Finest von Mark Waid. Hoffen wir, dass er das Konzept endlich rettet.

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