Lucius Fox

Wie Jace Fox zu Batman wurde

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DC Comics

Titel: The Next Batman: Second Son

Autor/Zeichner: John Ridley/Travel Foreman, Tony Akins u.a

Erschienen: 2021 (Digitale Miniserie #1-12), Paperback 2021


„I want to be part of something bigger than myself.“ (Jace Fox)

Anfang 2021 machten die DC-Serien einen Sprung in die nicht allzu weit entfernte Zukunft: In Future State ist Gotham ein Überwachungsstaat, in dem Superhelden verboten sind, Batman (Bruce Wayne) gilt als tot (siehe Dark Detective), der „Next Batman“ ist Tim „Jace“ Fox, Sohn von Lucius Fox. Doch wie es dazu kam, das wurde bisher nicht erzählt. Das holt Autor John Ridley in der Digital-First-Serie Second Son nach.

Wir sehen Jace zunächst als eine Art maskierter Rächer, der auf eigene Faust in Vietnam einen Mann namens Arkadine jagt, bis er von Grifter im Auftrag von Lucius Fox nach Gotham zurückgeholt wird. Dort plant Bürgermeister Nakano nach dem Joker War, „masks“, also Superhelden und -schurken zu verbieten, damit sich solche Zustände nicht mehr wiederholen. Renée Montoya wird Police Commissioner und sie macht Ernst, um für Ordnung in der Stadt zu sorgen.

Jace Fox‘ Vorgeschichte

Während Luke Fox als Batwing das Verbrechen bekämpft, aber auf Widerstand der Polizei stößt, erklärt sich Jace bereit, sich endlich nützlich zu machen und bei Foxtech für seinen Vater zu arbeiten. Doch er nutzt bloß die Infrastruktur für seinen Feldzug gegen Arkadine und stößt dabei auf das Geheimnis, dass Waynetech einst für Batman gearbeitet hat.

Wir erfahren: Tim war zuerst ein verzogener Junge, dessen Vater mehr mit Arbeit beschäftigt war, als mit der Erziehung seiner Kinder. Statt zur Schule zu gehen, hat Tim lieber Party gemacht, Mädchen flachgelegt und ist mit SUVs rumgefahren – bis er an seinem 17. Geburtstag einen Passanten überfuhr, weil er mit dem Handy abgelenkt war. Nachdem Tim Fahrerflucht begangen hat, rettete ihn Papa Lucius mit einer Kampagne, die das Opfer als selbst schuld darstellte. Später kam Tim auf ein Internat, wo er kämpfen lernte, noch später wurde er unter anderem von Katana ausgebildet.

Wenig Action, viel Gerede

Das ist im Wesentlichen die Story, die hier erzählt wird. Arm an Action, reich ein zwischenmenschlicher Spannung, doch insgesamt zu dialoglastig und ohne rechte Dramaturgie dümpelt dieser Comic vor sich hin, ohne viel Mehrwert zu bringen. Wie so oft wird auch in diesem Prequel meist erzählt, was man sich denken konnte. Allein Tims Vorgeschichte erklärt den Charakter – und darum geht es hier vor allem. Die Handlung um Arkadine wird nicht zu Ende erzählt. Dass Schwester Tam ins Koma fällt, ist eher Zufall und wirkt unmotiviert, Lukes Groll auf Jace geht kaum über das hinaus, was man bereits weiß.

Fade Zeichnungen, arm an Atmosphäre, Hintergund und Schatten machen Second Son nicht einmal zu einem visuellen Vergnügen. Uninspirierte Layouts im Querformat (angepasst für Tablets) überschreiten die Grenze zur Seitenschinderei. Die Cover sind noch das Beste an dieser Serie, auch wenn sie kaum etwas mit der Handlung zu tun haben: Batwing verprügelt eine Bande von Clowns? Nein, das passiert hier nicht, aber es dürfte die Verkaufszahlen nach oben getrieben haben. Auch Jace als Batman kommt nicht vor.

Insgesamt ist Second Son also entbehrlich. Und es bestätigt den Verdacht, den ich länger hege: Wenn etwas als „Digital First“ erscheint, handelt es sich meist um Material, das das gedruckte Papier nicht wert ist.

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Lucius Fox und seine Familie

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Lucius Fox‘ erster Auftritt in Batman #307 (DC Comics)

Da die Familie Fox zuletzt eine große Rolle in Future State: The Next Batman gespielt hat, ist es an der Zeit, endlich mal ausführlich über Lucius Fox zu sprechen. Die meisten (Nicht-Comicleser) verbinden ihn wohl mit dem Gesicht von Morgan Freeman, der die Figur in Christopher Nolans Dark-Knight-Trilogie gespielt hat. In Batman Begins war Lucius Fox zunächst Vorstandsmitglied von Wayne Enterprises und half Thomas Wayne dabei, seine Hochbahn zu bauen, dann wurde er in den Keller der Forschungsabteilung verbannt, steigt schließlich zum Geschäftsführer auf und versorgt seinen Chef alias Batman – ganz in der Tradition von James Bonds Q – mit nützlichen Dingen wie einem neuen Anzug („Drei Knöpfe sind Neunziger Jahre“), einem Gleitschirm-Umhang und einem Batmobil („Gibt’s den auch in Schwarz?“). Lucius Fox gehören die einige der besten Szenen.

Das Interessante daran: Durch seine Anfragen vertraut Bruce Lucius implizit sein größtes Geheimnis an. Er hat offenbar von Anfang an das Gefühl, ihm vertrauen zu können. Lucius bleibt loyal, sogar als er herausfindet, dass er eine illegale Überwachungstechnologie einsetzen soll, um den Joker zu fassen. Er hilft Batman zwar, aber er kündigt daraufhin.

Im Comic wurde die Figur zunächst unvermittelt von Autor Len Wein als „Second-in-command“ bei Wayne Enterprises eingeführt (Batman #307, 1979). Der Mann mit der Brille und den grauen Schläfen ist nicht nur der erste schwarze Charakter, der eine tragende Rolle in einem Batman-Comic spielt, nachdem „People of Color“ in den 40 Jahren davor kaum in dem Comicuniversum vorkamen. Er ist auch der Mann mit dem Durchblick, er warnt Bruce Wayne, der anderes im Kopf hat, vor einem Milliardär namens Gregorian Falstaff, der eine feindliche Übernahme plant. Im weiteren Verlauf wird deutlich, dass der zweite Mann in dem Unternehmen eigentlich der erste ist. Er macht die harte Arbeit hinter den Kulissen und Bruce nickt nur ab, damit er in Ruhe Batman sein kann. Schließlich wird Lucius auch CEO von Wayne Enterprises.

Tochter Tiffany und Sohn Tim

Während also Alfred Pennyworth Bruce den Rücken in Wayne Manor und der Batcave freihält, tut dies Lucius beim Geschäftlichen und ist damit eine zweite Vaterfigur. Als Witwer und damit Alleinerzieher ist er sogar der Vater schlechthin. Eine Ausgabe nach seiner Premiere stellt Lucius Bruce seine erwachsene Tochter Tiffany vor, die das Ghetto Drug Rehabilitation Program der Wayne Foundation leitet. Bruce schüttelt ihr freundlich die Hand, setzt aber Lucius darauf an, alles über Selina Kyle herauszufinden, denn mit der bandelt er gerade an (eine Story für sich). Als Selina das später herausfindet (Lucius plappert es aus), ist sie gar nicht erfreut.

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Timothy Fox im Streit mit Vater Lucius (Batman #313, DC Comics)

Lucius‘ Sohn Timothy Fox lernen wir in Batman #313 (1979) kennen. Er geht aufs College, pflegt aber offenbar zweifelhaften Umgang, wie Lucius beanstandet. Vater und Sohn verstehen sich daher nicht gut. Ein kurzes Gespräch endet nach einer Seite damit, dass Tim hinter sich die Tür zuschlägt. Lucius macht sich Sorgen um die Zukunft seines Sohnes. Tim will in Ruhe gelassen werden.

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In Batman #330 (1980) wird klar, mit wem Tim rumhängt: mit der Ronald Watkins Gang. Die schlägt eines Tages Lucius zusammen, sodass er im Krankenhaus landet – ein Anschlag, der von Falstaff in Auftrag gegeben wurde. Tim ahnt nichts davon. Stattdessen beteiligt er sich an einem weiteren Anschlagsversuch auf die Wayne Foundation. Watkins und seine Gang wollen das Gebäude (und damit auch Bruce Waynes Penthouse) in die Luft jagen. Damit wollen sie sich dafür rächen, dass Wayne angeblich rund 30 heruntergekommene Wohnhäuser besitzt, mit denen er die Ärmsten ausnimmt. Tim ist nicht überzeugt, er will aussteigen, aber Ron Watkins lässt ihn nicht, bedroht ihn mit einer Waffe und will ihn mit dem Gebäude sprengen.

Robin verfolgt die Szenen mit, Batman kann im letzten Moment das Schlimmste verhindern. Robin verteidigt Tim später, die Gang habe ihn manipuliert. Batman gibt sich hartleibig und pocht auf Tims Eigenverantwortung. Robin will Tim eher helfen, um wieder auf den rechten Pfad zurückzufinden.

Bruce zeigt Tim schließlich an. Lucius, der immer noch im Krankenhaus liegt, macht sich selbst Vorwürfe: „Bruce, what on earth have I done to make Timmy behave this way!“ (Batman #331) Die Sache klärt sich zwei Ausgaben später auf. Als Ron aus dem Knast freigelassen werden soll, gibt er vor Tim zu, dass Falstaff bloß Bruce ruinieren wollte und sie Lucius angegriffen haben. Da taucht Lucius auf Krücken auf, vergibt seinem Sohn und Tim sieht seinen Fehler ein.

„I didn’t say it would be easy, son …“, sagt Lucius. „I just want us to be a family … again!“

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Lucius Fox als (Entführungs-)Opfer

Aber wie haben sich Lucius und Bruce kennengelernt? In The Untold Legend of the Batman ist Fox ein Aufsteiger: Er arbeitete zunächst in der Finanzabteilung für Wayne und stellte ihm einem „portfolio management plan“ vor, um den „cash flow“des Unternehmens zu verbessern. Danach hat Bruce ihm immer mehr Verantwortung übertragen.

In Batman: Haunted Knight lernen sie sich sogar noch früher kennen: Da rettet ein junger Bruce auf seiner Weltreise Lucius vor Räubern in Paris. Zum Dank lädt Lucius ihn zum Essen ein und schlägt vor, etwas gemeinsam aufzubauen, aber Bruce erteilt ihm eine Absage. Sein Geld sei für etwas anderes vorgesehen. In Detective Comics #501 erfahren wir, dass Lucius mit Alfred Pennyworth im Zweiten Weltkrieg dem französischen Widerstand gegen die deutschen Besatzer geholfen hat.

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DC Comics

In den 80ern beginnen für Lucius Fox aufregende Jahre, in denen ihm immer wieder die Opferrolle zufällt. Er wird immer wieder entführt, wie etwa vom Mad Hatter (Detective Comics #510, 1981), von Baron Bedlam (Batman and the Outsiders #1, 1983), von Black Mask in Batman #484 (1992) und von Poison Ivy (Batman #495, 1993).

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Batman rettet Lucius Fox vor dem Ku-Klux Klan (DC Comics)

Als einmal von Zauberern das Böse schlechthin entfesselt wird und unter anderem Antisemiten eine Synagoge verwüsten und mit Hakenkreuzen beschmieren, zieht auch der Ku-Klux-Klan los, stellt bei Lucius Fox ein brennendes Kreuz in den Garten und versucht, ihn zu erhängen (World’s Finest #286, 1982). Dann tauchen aber Batman und Robin auf, retten Lucius und vermöbeln die Klansmen. Superman wirft das Kreuz in die Atmosphäre, wo es (noch schneller) verbrennt.

Obwohl der Job also ziemlich anstrengend bis lebensgefährlich ist: Lucius bleibt Bruce Wayne treu. Zwischendurch versucht er sogar, Bürgermeister zu werden und vernachlässigt seine Pflichten, sodass Hugo Strange sich an Bruce Wayne rächen kann (Batman Annual #10, 1986). Aber das hält nur kurz an.

Von Luke zurück zu Tim Fox

Zurück zur Familie Fox. In Batman Retroactive 70’s (2011) erzählt Len Wein von einem weiteren Versuch Tims als Verbrecher. Wieder mal streiten sich Vater und Sohn um schlechte Einflüsse durch falsche Freunde. Dann entpuppt Tim sich am Ende als Mitglied des schurkischen Terrible Trio (einem Relikt aus den 60ern): Shark, Vulture und Fox. Aber nein, hinter der Fuchsmaske verbirgt sich ein anderer. Tim Fox verkleidet sich als Geier. Warum nur? Weil ihm sein Vater nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt habe, sagt Tim.

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Das neue Terrible Trio (DC Comics)

Mit dieser außerkanonischen Spielerei hat sich Tim aber für zehn Jahre erledigt. Nach dem Reboot von Flashpoint (The New 52) bekam Lucius einen neuen Sohn: Lucas bzw. Luke, der zum Superhelden Batwing (dem zweiten) wurde. Der Held in einer fliegenden Rüstung bekam sogar eine eigene Serie, die auf 35 Ausgaben kam. Von Tim war nicht mehr die Rede.

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Luke Fox als Batwing (DC Comics)

Zuletzt hat Lucius, nach dem Tod von Alfred Pennyworth, die Rolle des Mentors für Bruce übernommen. Er versorgte ihn wieder mit allerlei technischen Spielereien. In eine ähnliche Richtung ist auch die Lucius-Fox-Version in Batman: Earth One gegangen. Da treibt ein junger Lucius die Forscher bei Wayne Enterprises zur Verzweiflung, weil er ständig neue Aufträge für sie hat, um die Wünsche seines Bosses zu erfüllen.

Nach dem Joker War hat Fox sogar Wayne Enterprises ganz übernommen, er kann Batman nicht mehr helfen und durch eine Kette von Ereignissen wird er in der Zukunft (Future State) zum Waffenhändler für den Überwachungsstaat des Magistrate und der Peacekeeper. Und da taucht auch plötzlich wieder Sohn Tim wie aus dem Nichts auf, der sich nun „Jace“ nennt (vielleicht weil schon ein Robin so heißt), wird „The Next Batman“, jedoch ohne dass die Familie davon weiß. Er liegt im Streit mit Luke, Schwester Tamara liegt im Koma, und es gibt auch wieder eine Mutter namens Tanya.

Wie zu all dem kam, wird in The Next Batman: Second Son erzählt.