Gotham Nocturne: Der dritte Akt

DC Comics

Titel: Detective Comics Vol. 5: Gotham Nocturne: Act III

Autor/Zeichner: Ram V/Stefano Raffaele, Riccardo Federici, Javier Fernandez u.a.

Erschienen: 2024 (Detective Comics #1081-1089), Hardcover/Paperback 2025


Nachdem Batman einen Hinrichtungsversuch überlebt hat und von Catwoman und Co. befreit wurde (siehe Gotham Nocturne: Intermezzo), bringt ihn Talia al Ghul einen Fluss von Leben und Tod hinauf in die unendliche Wüste Aras, die von Geistern und anderen Dämonen bevölkert wird. Hier trifft Bruce Wayne auf Dr. Simon Hurt und kämpft gegen den Azmer-Dämon, der ihn befallen hat, schließlich auch gegen ein mögliches künftiges Selbst sowie Barbatos, der ihm die Weltherrschaft verspricht, wenn dieser sich zum Gott erhebt.

Dieser innere Fledermausdämon übernimmt die Rolle des Versuchers, also wie einst Jesus in seinen 40 Tagen Wüste vom Satan in Versuchung geführt worden ist (nachzulesen in Matthäus 4,1-11). Und Batman, ganz der genügsame Selbsterlöser, erteilt Barbatos eine klare Abfuhr, um zu sich selbst zu finden. Er akzeptiert seine Rolle und seine Schwächen, er findet sich damit ab, dass es nicht ums Gewinnen geht, sondern der Kampf nie zu Ende ist. Batman ist das ewige Stehaufmännchen. Und so kehrt er nach Gotham City zurück, um es aus der Hand der Orghams zu befreien.

Dieses Fantasy-artige Traumszenario erscheint in blassen Farben, wie hinter einem Nebel und erhält eine einzigartig entrückte Atmosphäre und gleichzeitig hyperrealistisch wie Renaissancegemälde. Riccardo Federici und Stefano Raffaele zeigen uns schreckliche Monster und einen nuancierten Batman, der zur alten Stärke zurückfindet. Ein wahrer Hingucker!

Routiniertes Finale

Der Rest ist dann leider nicht mehr ganz so spektakulär, auch wenn die vielen wechselnden Zeichner (besonders Javier Fernandez) ebenfalls starke Arbeit abliefern. Batman versammelt, wie zuvor schon Catwoman, die Bat-Family (Batgirl, Nightwing, Azrael) und andere Verbündete wie Mister Freeze, Two-Face und Ten-Eyed Man, und besiegt die bösen Orghams dank guter Vorbereitung ziemlich leicht. (Natürlich nicht, ohne sich vorher ein neues Kostüm zu designen, dafür muss immer Zeit sein!)

Die Lage spitzt sich zu, als Dariah Orgham zum Monster mutiert und die Stadt mit Scarecrows Furcht infiziert (mal wieder, wie schon in Fear State), aber auch das währt nicht lange – dank Catwoman, Talia, einem wiederbelebten Arzen und einer ganz besonderen Melodie, die als Gegenmittel für böse Azmer-Dämonen dient. Alles sehr routiniert, inklusive abgedroschener Phrasen wie „This ends now“. Und hätte es all diese Nebenfiguren wirklich gebraucht? Was trägt eigentlich Renee Montoya alias The Question hier bei? Und dann metzelt auch noch Joker’s Daughter.

Wiedergekäute Belanglosigkeiten

Die bringt immerhin mit einer kleinen Ansprache alles auf den Punkt: „Gotham, Gotham, Gotham … Every Wednesday there’s some moron on television talking about a revolution. By the weekend the fires are quelled and you all go back to chewing cud. Because none of this is serious. None of this is true. Juste a never-ending masquerade.“

Das sagt übrigens eine Maskierte im Kostüm – mehr Selbstironie geht nicht. „Chewing cud“ ist die schöne Metapher: Alles war schon mal da, alles wird wiedergekäut. Das ist der Fluch der unendlichen Geschichten, wie sie bei Batman erzählt werden. So lang die Story auch ist, so groß das Ausmaß – alles schrumpft am Ende zum Status quo zusammen, ohne langfristige Wirkung. Und so wird auch diese Story im Mahlstrom des unendlichen Batman-Nachschubs untergehen.

So erscheint auch Gotham Nocturne als eine ambitionierte Story mit einigen Höhepunkten, aber mit seinen 30 Ausgaben (über zweieinhalb Jahre) viel zu aufgeblasen, als dass Autor Ram V doch zu wenig Neues zu sagen hat, etwa über die Menschen von Gotham, über die mal wieder viel geredet wird, aber von deren Leid und Sorgen wir trotz des Ausnahmezustands wenig erfahren. Echte Sozialkritik mit konstruktiven Ansätzen traut man sich bei DC selten. Hier bleiben die Einwohner bloß die anonyme Masse, die all den Wahnsinn über sich ergehen lässt, bis nächste Woche der nächste kommt, während wir in Tie-ins bloß Nebensächlichkeiten über Nebenfiguren erfahren und Batman zum x-ten Mal mit seinen eigenen Dämonen beschäftigt ist.

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