Wie Jerry Robinson den Joker erfand

Dark Horse Books

Titel: Jerry and the Joker: Adventures and Comic Art

Autor/Zeichner: Jerry Robinson

Erschienen: 2017 (Dark Horse Books)


Jerry Robinson war erst 17 Jahre alt, als er anfing, für Bob Kane Batman zu zeichnen. Er war von Anfang an dabei. Zunächst nur als Tuscher. Seine erste Ausgabe war Detective Comics #36, der erste Auftritt von Professor Hugo Strange. Dann gab Robin, der zwei Hefte später debütierte, seinen Namen (von Robin Hood) und sein Kostüm. Später zeichnete er Cover und auch einige ganze Storys, als Bob Kane den Batman-Zeitungsstrip übernahm.

Robinsons wichtigste Leistung war jedoch die Erfindung des Jokers, Batmans wichtigstem Erzfeind und dem ersten Superschurken überhaupt. Wie Robinson dazu kam, erklärt er selbst in seinem Buch Jerry and the Joker: Adventures and Comic Art.

Ein tödlicher Schurke mit Humor

Eigentlich wollte Robinson selbst Autor werden, hatte als Jugendlicher schon einige Kurzgeschichten veröffentlicht und besuchte einen Kurs für Kreatives Schreiben. Nun wollte er sich selbst an einer Batman-Story versuchen. Da er aus der Literatur wusste, dass die besten Helden die interessanstesten Gegenspieler hatten, beschloss er, ebenfalls einen solchen für Batman zu schaffen. Schurken brauchen auch einen inneren Widerspruch, dachte sich der junge Jerry, etwa ein Mörder mit einem Sinn für Humor – das war die erste Idee für den Joker.

Joker in Batman #1 (1940) (DC Comics)

Sofort habe er an Spielkarten gedacht, eine Packung in seinem Zimmer gefunden und auf dieser Grundlage eine erste Konzeptskizze erstellt: weißes Gesicht, rote Lippen. Er sollte clever, gefährlich und geheimnisvoll sein, aber auch einzigartig bizarr und humorvoll. Er sollte unberechenbar und beängstigend sein. Robinson stellte den Joker in die Tradition von Edgard-Allen-Poe-Geschichten und der Illustrationen von Harry Clark.

Inspirationsquelle „The Man Who Laughs“?

In einer einzigen Nacht soll der Joker geboren worden sein, am nächsten Morgen stellte Jerry Bob Kane und Bill Finger die Idee vor. Sie waren begeistert und luchsten sie ihm ab. Da Jerry noch unerfahren und die Deadline nahe war, überredeten sie ihn, dass Bill das Skript schreiben sollte. Jerry soll jedoch mit Bill das Konzept ausgearbeitet haben. Der mörderische Clown hatte seinen ersten Auftritt in Batman #1 (1940), zusammen mit Catwoman (noch als The Cat).

Bob Kane hat später eine andere Geschichte erzählt und den Joker für sich und Bill Finger reklamiert (wie auch Batman). Doch Finger selbst bestätigte: Jerry Robinson hat sich die Figur selbst ausgedacht. Bob Kane behauptete auch, der Joker sei von der Figur Gwynplaine aus dem Stummfilm The Man Who Laughs (1928) inspiriert. Robinson bestreitet das und behauptet, weder er noch Bob Kane hätten den Film damals gekannt. (Was nicht unwahrscheinlich ist, denn zwölf Jahre später waren Stummfilme längst überholt.) Es sei Bill Finger gewesen, der später ein Bild von Conrad Veidt in der Rolle in einem Magazin entdeckt haben und ihm gezeigt haben soll. „The resemblance was uncanny“, schreibt er und deutet an, dass es sich um einen Zufall handelte.

Überrascht von der Wirkung des Jokers

In seinem Buch umreißt Robinson kurz die Kulturgeschichte von Spielkarten und der Hofnarren sowie dem Einzug des Jokers aus dem Tarot. Als er die Rezeptionsgeschichte seines Jokers nacherzählt, zeigt er sich erstaunt, dass dieser als einer der besten Schurken der Literatur- und Comicgeschichte gilt. Er kommt zu dem Schluss, dass der Joker am besten ein Mysterium bleibt – ohne erklärende Vorgeschichte.

Cover von Jerry Robinson: Detective Comics #69 und 71. (DC Comics)

Robinsons Konzeptskizze für die Joker-Karte ist erhalten und wird im Buch reproduziert, genauso wie einige Nachdrucke von Robinson-Originalcovern und -geschichten. Damit ist Jerry and the Joker vor allem eine Art Art-Book. Zu lesen gibt es sonst nicht viel, denn ansonsten ist das Buch keine richtige Autobiographie, die ein Künstlerleben erzählt, sondern eher eine rhapsodische Sammlung von Memoiren, die mehr ins Anekdotische gehen.

Anekdotische Memoiren

Wir erfahren, wie Robinson in einem kubanischen Club ein Batman-Graffito an die Wand malte, wie er zusammen mit anderen Zeichnern durch Europa und Nordafrika tourte, wie er von Henry Kissinger eingeladen wurde und Backstagezeichner am Broadway war. Dazwischen klaffen viele Lücken, erzählt wird etwa auch nichts von Robin sowie wann und warum Robinson 1946 Batman und Superheldencomics hinter sich ließ und welche Comics er danach machte. Dafür reicht Sohn Jens Robinson einiges davon im Nachwort nach.

Jerry Robinson trug einiges zur Batman-Ikonographie bei: das geflügelte Bat-Logo und das Batplane sowie Alfred. In späteren Comics, die er zeichnete, konnte er sein Potenzial als Künstler besser ausschöpfen, wie man auch an den Kostproben in diesem Buch sieht. Für Atlas/Timely Comics arbeitete er mit Stan Lee zusammen und war ein Lehrer von Spider-Man-Schöpfer Steve Ditko. 1974 veröffentlichte er mit The Comics ein Buch über die Geschichte der Zeitungsstrips, das 2011 überarbeitet wiederveröffentlicht wurde (von Dark Horse).

Robinson sammelte bereits früh originale Comiczeichnungen und stellte sie aus, später setzte sich für die Anerkennung von Jerry Siegel und Joe Shuster als Schöpfer von Superman ein und initiierte den Bill-Finger-Award, mit dem bei der San Diego Comic-Con Comicautoren gewürdigt werden, denen die gebührende Ehre bislang versagt geblieben ist. Jerry Robinson starb 2011 im Alter von 89 Jahren – sechs Jahre bevor sein letztes Buch erschien.

Wer mehr über den Künstler erfahren will, dem sei die Biographie von N.C. Christopher Couch empfohlen: Jerry Robinson: Ambassador of Comics (Abrams & Chronicle Books 2010).

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