Titel: Cycle of Violence (Batman: The Dark Knight Vol. 2) (dt. Angst über Gotham)
Autor/Zeichner: Gregg Hurwitz/David Finch u.a.
Erschienen: 2012 (Batman: The Dark Knight #10-15)
„Gott, diese Stadt — sie hält einem ständig den Zerrspiegel vor und zeigt uns unsere schlimmsten Ängste.“ (Gordon)
„Das ist Vigilanten-Kriminalität. Wenn du mich verklagen willst … lass mich vorladen.“ (Batman)
„Was wenn ich gar kein Mensch sein will?“ (Bruce Wayne)
Hat einer der Leser den britischen Film Peeping Tom (dt. Augen der Angst, 1960) gesehen? Da spielt Karlheinz Böhm (alias Carl Boehm) einen psychopatischen Voyeur und Frauenmörder, der seine Geisteskrankheit seinem Vater verdankt. Dieser hat seinen Sohn als Versuchskaninchen für Angstexperimente missbraucht. Der Film war damals etwa so provokant wie Hitchcocks Psycho (ebenfalls 1960), fiel bei der Kritik aber wegen seiner Drastik durch und brachte Böhm einen Karriereknick ein.
Wie dem auch sei: Die gleiche Idee hat Gregg Hurwitz für seine erste Dark Knight-Story verwendet. Dort entführt Scarecrow Mädchen, um ihnen die Angst mit Angst auszutreiben – und wiederholt damit Experimente, derer sein Vater ihn einst aussetzte. Wir lernen dabei aber nicht nur Cranes mitleiderregende Vorgeschichte kennen (und was wären Comichelden ohne?), sondern Hurwitz lässt Crane auch in Batmans psychische Abgründe absteigen. So wird der Irre zu Batmans Psychiater.
Durch seine Ermittlungen bei den Kindesentführungen kommt erst Gordon, dann Batman in Scarecrows Gefangenschaft. Batman wird gefesselt, dem Angstgas ausgesetzt (die Maske kriegt der Schurke natürlich nicht ab) und mit unangenehmen Fragen konfrontiert. War seine Entscheidung für die Dunkelheit wirklich unausweichlich? Oder war sie einfach nur der Angst geschuldet? „Was du wirklich fürchtest, ist das Licht“, sagt Scarecrow. Batman oder vielmehr Bruce Wayne wird als ein Mann dargestellt, der Angst vor Nähe und Bindungen hat, weil er fürchtet, erneut jemanden zu verlieren – wie einst seine Eltern. „Batman zu sein ist nicht heldenhaft, es ist eine Krücke“, sagt Scarecrow. „Die Rüstung schützt deine dünne Haut, dein zartes Gemüt.“
Das Niveau steigt
Diese Szenen, eingefangen in albtraumhafte Bilder von David Finch, gehören zu den stärksten dieser Geschichte. Hurwitz lässt sich Zeit, die Charaktere der Figuren auszubauen. Bruce Wayne bekommt mal wieder ein Privatleben, in dem auch eine Frau eine Rolle spielen darf (das war seit dem Reboot von Detective Comics nicht mehr der Fall) und er darf mal wieder als Kind in den Abgrund der Angst stürzen. Dafür schwächelt die Geschichte an anderen Stellen: Dass ein Satz wie „aktiviere Handgelenk-Laser“ ausreicht, um einen entkleideten Batman von Stahlketten zu befreien, nur weil seine Rüstung im gleichen Raum liegt – da hinkt die Glaubwürdigkeit gewaltig. Und dass am Ende Batman die Stadt vor dem Angstgas rettet, indem er sein eigenes Blut (wegen der Antikörper) über den Vergifteten versprüht – auch das ist weit hergeholt.
Dennoch geht mit dem Autorenwechsel auch eine Qualitätssteigerung einher. Nachdem dem Autor/Zeichner David Finch zunächst ein Co-Autor zur Seite gestellt wurde, darf er nur noch zeichnen. Dadurch, dass er auch noch die Tusche selbst erledigen muss, wirken die Zeichnungen wilder als bisher – was die Scarecrows Schrecken gerecht wird. Cycle of Violence ist eine klassische Batman-Story ohne unnötigen Figuren-Ballast mit außerordentlich viel Tiefe. Bisher die beste Leistung in der jungen Serie.
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