Bruce Waynes Lehr- und Wanderjahre

Titel: Batman: The Knight (dt. Die Reise)

Autor/Zeichner: Chip Zdarsky/Carmine Di Giandomenico

Erschienen: 2022 (Miniserie #1-10), Hardcover 2023; dt. Panini 2022/2023


Wir wissen, wie es mit Batman anfing, wir kennen sein erstes Jahr, wir kennen sein Jahr Null, hin und wieder wurde auch mal eine Episode aus der Zwischenzeit erzählt, von Bruce Waynes Wanderschaft durch die Welt, die ihn zum Detektiv und Meisterkämpfer werden ließ – beeindruckend komprimiert dargestellt im Film Batman Begins. Nun erzählt Chip Zdarsky alles noch mal ausführlich.

Die Abenteuer des jungen Bruce Wayne, mit seinen Problemen in der Schule, sein Gang zum Psychiater (Hugo Strange), seine Verwicklung in illegalen Straßenkämpfen, seiner Selbstausbildung mit Hilfe von Alfred und Büchern. Wir bekommen eine Antwort auf die Frage, warum er eigentlich kein Polizist geworden ist. Bei Frank Miller hätte man noch sagen können: weil die Polizei von Gotham korrupt ist. Hier heißt es: weil man einen reichen Schnösel wie ihn nicht bei der Polizei sehen will. Außerdem braucht die Welt keinen weiteren wütenden Cop.

Lernen von den Besten, um der Beste zu sein

Und dann bricht der junge Bruce in die Welt auf: Zuerst will er von einer Einbrecherin in Paris lernen, wie man unbemerkt irgendwo rein- und rauskommt, dann sucht er zusammen mit Meisterdetektiv Henri Ducard einen Serienmörder. Dann geht es in den Fernen Osten, wo er (ausgerechnet!) in Nordkorea ordentlich kämpfen lernt, weiter gehts mit Spionage, Schießtraining und der Kontrolle von Gefühlen und Vitalfunktionen.

Sogar Magie will er lernen, von John Zatarra, und das will so gar nicht in diesen Bildungsgang passen, erst recht nicht, wenn ein waschechter Dämon aus der Hölle auftaucht, den es dann zu bannen gilt. Im Grunde will Bruce bloß mit seinen toten Eltern reden, aber da muss er seine Grenzen anerkennen. Hier fällt die sonst bodenständige Geschichte aus dem Rahmen.

Wie Ghost-Maker begann

Im Mittelpunkt der Reise steht die schwierige Beziehung zu einem jungen Mann namens Anton, der ähnliche Ziele verfolgt, aber vor Mord nicht zurückschreckt. Dieser „Anton“ heißt eigentlich Minhkhoa Khan und soll später als „Ghost-Maker“ Batman das Leben schwer machen, bevor er in die Bat-Family aufgenommen wird und Batman Incorporated leitet. Hier aber gehen die Gefährten einen Teil des Weges gemeinsam, bevor sie sich trennen, einander fast umbringen und auf der letzten Station wieder zusammenkommen, wenn sie Ra’s al Ghul treffen.

Minhkhoa erscheint hier bereits als Kotzbrocken und warum er sich ein Tuch über die Augen zieht, erschließt sich genauso wenig wie, warum er Bruce zuerst töten will, dann doch nicht (Klischee: „too easy“) und ihm am Ende das Leben rettet. Es kann uns egal sein.

Bruce will Ritter werden

The Knight erzählt in aller Ausführlichkeit von einer langen Bildungsreise, die sehr episodisch und unausgewogen daherkommt und nur wenig Mehrwert bietet. Lehrer kommen und gehen, Bruce will in allem der Beste sein und schafft auch alles im Zeitraffer und ohne große Mühe, wir müssen das so hinnehmen, weil Erzählzeit am Ende doch begrenzt ist und er halt Batman werden muss. Im Grunde wird hier bloß Altbekanntes zusammengetragen und breitgetreten und mit Ra’s al Ghul bedient sich Zdarsky bei Batman Begins. Was im Film aber ein erzähltechnischer Geniestreich war, wirkt hier bemüht und überzogen. Plötzlich wird Bruce hineingeworfen in die Weltrettungspläne eines Größenwahnsinnigen, aber ohne das auszudiskutieren, lässt sich Bruce zuerst auf ihn als Meister ein, nur um ihn dann überraschend aufzuhalten – was dann überraschend einfach geht, zu einfach. Für eine erste Begegnung ist das verschenkt. Vor allem: Der junge Bruce allein ist kein Gegner für Ra’s, erst Superheld Batman ist ein Gegner für Superschurken.

Obwohl die Geschichte stolze zehn Ausgaben füllt, wirkt sie oft abgehetzt und Vieles wird nur angerissen. Auch bekommen die Zeichnungen nicht genügend Raum, oft wirken die Sequenzen gequetscht und dadurch verlieren einige potenziell interessante Momente ihre Dramatik und die Episoden erscheinen beliebig und vergessenswert. Bruces Beziehung zu Talia kann man dann ausführlicher und interessanter woanders nachlesen, hier ist sie nur ein schlaffes Zitat früherer Geschichten.

Der interessanteste Aspekt ist vielleicht noch der titelgebende: Der kleine Bruce stellt sich vor, wie er sich in eine alte Ritterrüstung zurückzieht, um sich zu retten und zu etwas Größerem zu werden. Das Motiv kommt allerdings nur am Anfang vor und dann nie wieder. Hier zeigt sich, dass The Knight zwar ein loses Konzept hat, aber keine klare Leitidee, um Batmans xten Origin etwas Neues abzugewinnen. Vielmehr läuft sich hier Autor Chip Zdarsky wohl nur für seinen Batman-Run (Failsafe) warm und liefert vor allem die Vorgeschichte zu Ghost-Maker, einer Figur, die er nicht selbst erfunden hat und für die er sich nicht besonders zu interessieren scheint, die aber leider immer noch eine Rolle im Batman-Universum spielt.

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