Wie der Joker nach Arkham kam

Titel: Do You Understand These Rights?/Good Cop, Bad Cop (dt. Neue Kriminelle)

Autor/Zeichner: Andrew Kreisberg/Scott McDaniel

Erschienen: 2008-2009 (Batman Confidential #22-25, 29-30), Paperback 2009 (Dead to Rights); dt. Panini 2010 (Batman Sonderband #23)


Zurück zum Anfang. Nicht ganz zum Anfang, aber knapp danach (siehe Lovers and Madmen). Batman hat gerade zum ersten Mal den Joker gefasst und liefert ihn bei der Polizei ab. „He calls himself the Joker“, sagt er und hinterlässt nur einen Schlüssel für die Handschellen. Er hätte vielleicht noch eine Warnung hinterherschicken sollen, denn die Beamten unterschätzen den Clown, behandeln ihn wie einen normalen Verbrecher. Doch er ist es nicht: Er hat weder Identität noch Fingerabdrücke und schon bald sterben weitere Menschen.

Der Joker wird hier dargestellt als ein Verbrechergenie wie Hannibal Lecter, der nichts als einen Stift braucht, um auszubrechen und der sogar Menschen per Telefon in den Suizid treiben kann. Er ist abgrundtief böse und hat keine Seele, kann nicht geheilt werden. Detective Geoff Shancoe wird nach dem Tod seiner Frau gebrochen und will sich rächen.

Doch nach all den sehr weit hergeholten Joker-Aktionen, bricht die Glaubwürdigkeit spätestens im Finale: Als Detective Shancoe sich den Joker schnappt und eine Waffe auf ihn richtet, drückt er nicht etwa ab, sondern lässt ihn in aller Ruhe einen Witz erzählen, bis dann Batman auftaucht. Dann wird dieser fast in die Luft gejagt und der Detective sagt, er habe es auf Batman abgesehen, da dieser Killer wie den Joker erst ermögliche, statt sie zu töten – dabei lässt er gerade dadurch selbst den Mörder seiner Frau wieder mal davonkommen!

Promomaterial für „The Dark Knight“

DC Comics

Es ist seltsam. DC engagiert oft die besten Autoren und dann gelingt es selten, eine stimmige Story zu konstruieren. Das kann nicht nur am Genre liegen. Ganz zu schweigen von neuen Akzenten. Man merkt, dass die Geschichte im Jahr von The Dark Knight herauskam und darauf zugeschnitten war. Die Handlung und vor allem das Joker-Konzept erinnern an den Film und dieser wird sogar zitiert, wenn der Joker zu Batman sagt: „You complete me.“ Und dann wird auch noch The Killing Joke bemüht: Es werde immer so weitergehen, heißt es, bis der eine den anderen tötet …

Es ist also der bewährte Mix aus bekannten Versatzstücken. Nicht langweilig, weil handlungsgetrieben, aber auch übertrieben und das Meiste kommt einem bekannt vor. Fans des skrupellosen Joker-Chaos werden ihre Freude haben. Witze werden auch erzählt. Ansonsten sehen wir Batman als Matches Malone beim Joker im Knast und wir erfahren, dass Arkham Asylum extra für den Joker eröffnet wurde – sozusagen als „Patient Zero“. Das Sicherheitskonzept hat sich allerdings nicht bewährt …

Der Zeichner der Story ist leider nicht Stephane Roux, der die schönen Cover gemacht hat, sondern Batman-Veteran Scott McDaniel, dessen Stil zwar schwungvoll, aber mir zu kantig ist. Und: Obwohl der Riddler auf dem letzten Cover zu sehen ist, hat er nichts mit der Handlung zu tun. Es soll uns nur sagen: So geht es dann immer weiter. Der Joker macht Schule.

„Bad Cop“ gegen James und Barbara Gordon

DC Comics

Unter Beweis gestellt wird das schon vier Ausgaben später mit einem Epilog: Da verhilft der Joker dem gebrochenen Detective Shancoe zum Ausbruch, worauf dieser sich eine Kampfmontur anzieht, in die Polizeiakademie einbricht und Jagd auf Kollegen macht. Er will nun „Bad Cop“ genannt werden, als plante er eine Karriere als Superschurke, dabei will er eigentlich nur erschossen werden, um bei seiner toten Frau zu sein.

Doch wozu der ganze Aufwand und der Mord an Kollegen, wenn er sich einfach selbst erschießen könnte? Um im Dienst zu sterben wie ein Polizist – dabei ist das nicht gerade „in the line of duty“ und ehrenhaft schon gar nicht. Die Story ergibt also bis zum Schluss nicht viel Sinn. Am Ende kommt es (wieder) zur Konfrontation mit James Gordon, diesmal auf dem Rummelplatz, wo er mit Tochter Barbara unterwegs ist. Das Kind gerät selbst in Versuchung, eine Schusswaffe zu benutzen, um ihren Vater zu retten. Aber natürlich kommt es nicht zum Schlimmsten. Danke, wir haben genug gesehen.

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Ein Kommentar

  1. Danke für den Artikel Lukas. Ein Internet ohne das Batman Projekt wäre meiner Ansicht nach zwar möglich, aber um einiges ärmer.

    Ich kann mit Mc Daniel’s Zeichnungen überhaupt nichts anfangen, einfach nur grausig. Ich habe sogar „Bruce Wayne: Fugitive“ etc. damals nur widerwillig überflogen, weil ich von den Zeichnungen Augenkrebs bekomme.

    Ich muss gestehen, dass ich eine schwache Story mit genialen Strichen zwar nicht vergöttere, aber dennoch eher verzeihen kann als eine tolle, spannende Geschichte, die für mein Empfinden visuell grausig umgesetzt wurde. Daher kann ich auch mit „The Long Halloween“ z.B. nur bedingt etwas anfangen, weil ich Tim Sales Gekrakel ebenfalls als Körperverletzung empfinde. Sorry, das ist nicht respektlos gemeint, nur meine ehrliche Meinung und über Geschmack lässt sich ja nun mal bekanntlich nicht streiten.

    Lange Rede, kurzer Sinn: Am allerliebsten ist mir ein Comic wie „The Killing Joke“, wo mich sowohl die Story abholt, als auch die Kunst überzeugt, aber man kann eben nicht immer alles haben 🙂

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