Titel: Batman: Dark Age
Autor/Zeichner: Mark Russell/Mike Allred
Erschienen: 2024 (Miniserie #1-6), Hardcover 2025; dt. Panini 2025
Bruce Wayne ist im Jahr 2030 ein alter Mann im Pflegeheim. Da sein Gedächtnis nachlässt, beginnt er, sein Leben aufzuschreiben. Es beginnt im Jahr 1957: Bruce Waynes Eltern werden bei einem Kinobesuch ermordet von der False Face Society, er selbst ist aber nicht dabei. Hinter dem Komplott steckt Roman Sionis, der für Carmine Falcone Wayne Enterprises an sich reißt. Nun muss auch Bruce verschwinden. Alfred Pennyworth passt auf ihn auf. Doch statt Bruce umzubringen zu lassen, wird ihm eine Straftat angehängt und er kommt mit 18 Jahren ins Gefängnis. Um seiner zehnjährige Haftstrafe abzusitzen, darf er im Vietnamkrieg dienen, wo er von Ra’s al Ghul eine besondere Ausbildung als Guerillakrieger erhält. Zurück in Gotham wird Bruce zu Batman und versucht, das Familienunternehmen wieder zu bekommen. Doch die Verbrecher haben bereits die ganze Stadt unter ihrer Kontrolle.
ACHTUNG: SPOILER!
Diesen Batman haben wir bereits in Superman: Space Age (2022-2023) vom selben Kreativeam gesehen – scheinbar. Doch wenn man die beiden Storys vergleicht, stellt man starke Unterschiede fest: In der früheren Fassung stellt Wayne Enterprises Waffen her und wird später von Maxwell Lord geführt, der Menschen durch Brandstiftung aus ihren Häusern vertreibt, um die „Stadt der Zukunft“ (mit Autobahnen und Gated Communities) zu bauen. Batman lässt daraufhin den Wayne-Tower hochgehen und brennt sogar Wayne Manor ab. Der Joker, einst ein Clown für Kinder, ist ein Opfer der Brandstiftung und wird dadurch entstellt. Und am Ende wird Metropolis gerettet, in der neuen Fassung ist es Gotham.
Remix bekannter Motive
Verwirrenderweise spielt Batman: Dark Age also in einer weiteren Parallelwelt innerhalb eines Russell-Allred-„Age“-Multiversums. Das Konzept bleibt gleich: Es ist der Versuch, Batman mit den Jahren altern zu lassen und zugleich mit der US-Geschichte der 50er- bis 80er-Jahre zu verknüpfen. Dabei werden einige bekannte Aspekte der Tradition interessant variiert. Dark Age steht vor allem in der Schuld der Filme. Ra’s al Ghul als Mentor kennt man schon aus Batman Begins (2005), bekommt aber durch den Vietnamkrieg einen neuen Dreh. Der Joker (mal wieder ein unlustiger Comedian) erinnert an die wehleidige Joaquin-Phoenix-Version von 2019, hier ist er allerdings ein Aktivist gegen die schlimmsten Auswüchse des Kapitalismus. Außerdem gibt es ein Wiedersehen mit der Psychiaterin Chase Meridian, die Nicole Kidman in Batman Forever (1995) spielt. Hier wird sie zur ersten großen Liebe, später übernimmt Catwoman die Rolle, die zunächst Bruce hinter Gitter gebracht hat.
Überfülle an Figuren, wenig Geschichtsbezug
Und dann gibt es mit Robin (Dick Grayson) und Batgirl (Barbara Gordon) mehr als genug Nebenfiguren. Dazu hätte es den Weltuntergang im Jahr 1985 (wie bei der Crisis) nicht mehr gebraucht, der wurde schon zu Genüge in Superman: Spage Age behandelt, und die Gastauftritte von Superman, Green Arrow und anderen Helden sowie klassischen Schurken (Mad Hatter, Pinguin, Riddler) rauben der Story bloß Platz, ohne sie voranzubringen. Ja, die Justice League interessiert sich nicht dafür, Gotham zu retten angesichts der drohenden Apokalypse. Es stellt sich die zynische Frage, was es bringt, ein Problem zu lösen, wenn alles den Bach runtergeht. Zum Schluss wird die Stadt als pars pro toto zur Rettungskapsel der Menschheit.
Die Bezüge zur US-Geschichte fallen im Vergleich zum ersten Teil marginal aus. Bis auf den Vietnamkrieg nimmt die Realität keinen großen Einfluss auf Batman. Probleme wie skrupelloser Kapitalismus, Korruption und Armut werden höchstens gestreift, ansonsten spielt die Story auch auf die aktuelle Opioidkrise an: Wayne Enterprises produziert Schmerzmittel, die abhängig machen und illegal auf der Straße gehandelt werden.
Doch auch wenn dieser Comic meist gut unterhält und Batman von einer neuen Seite entdecken lässt, fehlt ein Spannungsbogen. Der Protagonist hat keinen Plan, wie er sein Unternehmen zurückzuerobert, die einzelnen Kämpfe gegen False-Face-Handlanger bleiben episodisch, die Lösung kommt fast von selbst. Als Ra’s al Ghul etwa Wayne Enterprises übernimmt, reicht es für Batman, einfach nur mit dem Batplane in die Chefetage zu krachen, um das sofort zu beenden. Es braucht schon einen Joker, um Wayne Enterprises zu zerstören. Beim Finale mit ihm geht es allerdings nicht um die üblichen Spielchen einer Hassliebe zweier Erzfeinde, sondern um einen gezeichneten wie frustrierten Mann, der die Wurzel allen Übels vernichten will – etwas, das Batman hätte erledigen müssen. Das versöhnliche Ende bietet eine schöne Alternative zu der Frage, ob Mord eine Lösung ist.
Das Hauptproblem bleiben aber die Zeichnungen von Mike Allred, mit dem ich einfach nicht warm werde. Er bleibt seinem Ligne-Claire-Stil treu, doch dadurch wirkt nicht nur vieles zu steif, leblos und steril, sondern auch zu hell. Bei Superman konnte man noch darüber hinwegsehen, doch diese Sauberkeit und Schattenlosigkeit passt nicht zu Batman. Erst recht nicht zu einem „Dark Age“.
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