
Alan Moore (BBC Maestro)
Es ist kein Geheimnis, dass Alan Moore nicht gut auf DC zu sprechen ist. Auch wenn er bei DC seinen internationalen Durchbruch erlebte (Swamp Thing, Watchmen, The Killing Joke), war er vom Verhalten des Verlags so enttäuscht, dass er mit ihm brach. In seiner Online-Masterclass bei BBC Maestro spricht er den Namen nicht mal aus, sondern redet nur von „the Americans“.
Obwohl er Comics als eines der großartigsten Medien bezeichnet („It can do almost anything“), rät Moore stark vom Arbeiten in der Comicbranche ab. Er bezeichnet sie als eine der gierigsten und kleptokratischen Branchen der Welt und vergleicht sie mit der Filmindustrie, wie sie im Film Barton Fink der Coen-Brüder dargestellt wird. (Wer ihn nicht gesehen hat, dem sei dringend dazu geraten, das nachzuholen – er ist einer ihrer besten.) DCs Vertigo Comics, das 1993 gegründet wurde, bezeichnet er als „middle class Alan Moore farm“, die den Lesern das „Alan-Moore-Feeling“ gab.
Dennoch hat der Comic-Autor viel Lob für das Medium übrig. Der Comic ermögliche es, gleichzeitig in zwei Medien und damit auch zwei Bahnen zu erzählen: einerseits visuell mit Bildern, andererseits mit Worten, die von etwas ganz anderem handeln können, und Moore betont, dass man als Autor von dieser Möglichkeit Gebrauch machen sollte. Das hat den Vorteil, dass man auf relativ engem Raum viele Informationen unterbringen kann. „You can do nearly anything.“ Außerdem hofft er, dass die besten Comics noch nicht geschrieben worden sind. Doch er warnt gleichzeitig: „Don’t write like I write.“ Wer Comics schreiben möchte, soll eigene Ideen und Methoden entwickeln. Wie genau das geht, erklärt er in seinem sechsstündigen Kurs, der nicht nur für angehende Comic-Autoren interessant ist.
Moore zufolge sollte man stets die Möglichkeiten seines jeweiligen Mediums ausreizen. Daher hält er nichts von Adaptionen. Für ihn sind sie meist bloß Geldmache. Bereits vor einigen Jahren hat er sich kritisch über Superhelden-Comic-Verfilmungen bei Arte geäußert. Er nannte sie eskapistisch, infantil und gefährlich.
Während Moore erklärt, wie er zu Marvelman kam (bzw. Miracleman), nämlich indem er sich vorstellte, wie Superhelden in der realen Welt funktionieren würden, stellt er die Theorie auf, dass Superhelden vor allem etwas kompensieren, was den Menschen fehlt. Das eine ist Mut: „One of the functions of superheroes is probably a cowardice compensator.“ Das andere ist Güte – und hier kommt Batman ins Spiel.
„I know that the idea of Batman is a lovely, charming idea that we have this billionaire who is for some reason prepared to go out as an unlikely bat-themed vigilante and protect ordinary people from the oppressions of crime and villainy, to risk his life for all these ordinary people.“
Doch die wahren Milliardäre wie Jeff Bezos, Bill Gates und Elon Musk tun so etwas nicht – nicht mal ohne Kostüm. Daher geht Moore davon aus:
„Superheroes are a compensation for a culture that does its best not to help anyone out. But you don’t really need to as long as you’re reading Batman and Batman is behaving in this brave, socially benevolent fashion (…) doing all that stuff so that you don’t need to.“
Auf dieser Grundidee hat Moore seine weiteren Superhelden-Comics aufgebaut. Ich bin mir nicht sicher, ob ich seine Ansicht teile. Demnach ließe sich sagen, dass wir grundsätzlich lesen, um uns in andere Menschen zu versetzen, um zuzusehen, wie sie andere Dinge tun als wir. Ich denke, dass das Lesen über Vorbilder aber dennoch dazu dienen kann, den eigenen moralischen Kompass immer wieder neu auszurichten, um selbst besser zu handeln. Es geht nicht darum, sich zu maskieren und den Vigilanten zu spielen. Es geht darum, das Richtige zu tun, wenn man davon überzeugt ist. In gewisser Weise ist Alan Moore selbst ein Rebell, der lange im System der Comic-Branche gearbeitet hat, um seinen eigenen Kopf durchzusetzen und das Medium immer wieder neu zu erfinden.
Von seinem wichtigsten Batman-Werk, The Killing Joke, hat Moore sich jedoch schon bald nach Fertigstellung distanziert. Es war ihn nicht innovativ genug, denn er benutzte dafür ein Erzählverfahren, das er bereits in Watchmen praktiziert hat (die fließenden Übergänge). Moore erweist sich hier als ein sehr selbstkritischer Autor, der auch angehende Schriftsteller dazu ermahnt, sich ständig weiterzuentwickeln.
In ein paar Wochen schauen wir uns The Killing Joke trotzdem mal genauer an. Viel genauer. Ganz genau.

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Hm, was soll ich dazu sagen.? So leid es mir tut das zu sagen, aber ich finde, er nimmt sich selbst zu wichtig und übt absichtlich immer wieder lautstark Kritik an der „bösen Comicbranche“ wie ein kleines Kind, das gehört werden will. Schade eigentlich. Ein herausragender Autor. Er sollte sich lieber auf das konzentrieren, was er am besten kann: Das Schreiben von Comics 🙂
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Übrigens widerspreche ich entschieden der „Theorie“ von Mr. Moore, dass Superhelden nur existieren, um das schlechte Gewissen der Gesellschaft zu kompensieren. Das ist Schwachsinn. Helden sind Vorbilder und moderne Mythologie. Und nicht zuletzt Unterhaltung.
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