Superman gegen Shazam: Teil 1

Shazam #1 & Superman #276, 1974 (DC Comics)

Superman und Shazam (der erste Captain Marvel) haben eine lange gemeinsame Geschichte, die so alt ist wie die Helden selbst. Zunächst bekämpfte man sich am Zeitungsstand, dann vor Gericht, bevor es dann endlich zum Duell im Comic kam – aber das dauerte einige Jahre.

Captain Marvel erschien zunächst 1940 als rote, verzauberte Variante zu Superman im Konkurrenzverlag Fawcett. Dort war der „Big Red Cheese“ so erfolgreich, dass er – mit mehreren Parallelserien – sogar Superman toppte. DC (damals National) ließ sich das nicht gefallen und verklagte Fawcett wegen Urheberrechtsverletzung. Vielleicht hätte Zeichner C.C. Beck auf dem Cover von Whiz Comics #2 (eine erste Ausgabe, die nur zu Werbezwecken gedruckt wurde, ist nicht erhalten) den neuen Helden kein Auto werfen lassen sollen, wie Superman auf Action Comics #1.

DC Comics

Der Streit zog sich hin, bis Fawcett 1953 aufgab, da sich der Kampf nicht mehr lohnte – die Comicverkäufe ließen nach. Man einigte sich außergerichtlich auf angeblich 400.000 US-Dollar und stellte Captain Marvel ein.

Captain Marvel kommt zu DC

Der „Big Red Cheese“ verschwand für lange Zeit, bis sich 1972 Stan Lee den Namen schnappte, um bei seinem Verlag Marvel einen neuen „Captain Marvel“ zu erschaffen, der mit dem alten nichts gemeinsam hatte. Ein Jahr später belebte DC den ersten Captain Marvel wieder und gab ihm eine eigene Serie, die den Titel „Shazam!“ trug, weil aus rechtlichen Gründen der Name Captain Marvel nur bei Marvel-Comics auf dem Cover stehen darf.

Obwohl auf dem Titelbild von Shazam! #1 (gezeichnet von C.C. Beck) auch Superman zu sehen ist, wie er den DC-Lesern der 70er die alte Figur wieder vorstellt, taucht der Mann aus Stahl im Heft selbst nicht auf. Die erste Begegnung der Helden in einer Story ließ auf sich warten. Und als es dann kam, geschah es auf seltsame Weise. Statt den Captain/Shazam ins DC-Universum zu integrieren, verbannte man ihn zunächst nur auf die Parallelwelt Earth-S. Das erste Treffen mit Superman war ein inoffizielles.

Zunächst teaserte DC es nur an, indem die Redaktion die Leser fragte, wen sie besser fanden: Superman oder Captain Marvel. Die Reaktionen folgten prompt, 1974 druckte man in Superman #278 sogar eine ganze „Battle Page“ mit Leserbriefen ab, die linke Spalte für Superman-Fans, die rechte für Captain-Marvel-Befürworter. Die einen machen Shazam runter als billige Kopie für Kinder mit schwachen Storys, andere loben gerade den Eskapismus und als Fantasie in Reinform, ohne – wie Superman – pseudo-wissenschaftlich zu sein. Shazam traue den Lesern Intelligenz zu, statt diese zu beleidigen, fand ein Leser.

Superman gegen Captain Thunder

In Superman #276 (1974) trifft der Titelheld zunächst auf gewissen „Captain Thunder“ (eine Anspielung auf Captain Marvels ursprünglich vorgesehenen Namen). Dessen rotes Kostüm ist fast identisch mit dem von Captain Marvel, nur dass er statt eines Blitzes eine gelbe Sonne auf der Brust trägt. Statt Billy Batson heißt er Willie Fawcett, der „Thunder!“ sagen muss, um sich zum Captain zu verwandeln. Seine Kräfte hat er von einem Schamanen amerikanischer Ureinwohner, THUNDER ist auch hier ein Akronym, allerdings für Tiere und Naturphänomene (Tornado, Nature, Diamond) – es wirkt alles sehr bemüht.

Willie wird auf mysteriöse Weise plötzlich von seiner Parallelwelt nach Metropolis befördert. Als Captain Thunder verhindert er einen Überfall auf einen Geldtransporter und muss nicht nur eine Beleidigung über sich ergehen lassen, bloß ein billiger Abklatsch von Superman zu sein, dann fliegt er aber selbst mit dem Transporter davon und wird von Superman angegriffen. Später sucht Willie Clark Kent auf und erklärt ihm, Captain Thunder sei von der Monster League in einen Schurken verwandelt worden. Die spätere Revanche nimmt dann sechs Seiten ein und endet damit, dass Superman den Captain in den Schwitzkasten nimmt und wieder zur Vernunft bringt. Einen „Thunder“-Ruf später verschwindet er so spurlos, wie er gekommen ist.

Wenn man von den abgedruckten Leserbriefen ausgeht, kam die Story damals sehr gut an. Ein Leser lobt gerade das Konzept mit der Parallelerde als genial, ein anderer kürt sie sogar zur besten Superman-Story aller Zeiten, auch wenn er dann doch einige Kleinigkeiten daran auszusetzen hat. Ein dritter findet, wenn Superman den echten Captain Marvel treffen würde, würde er ihn zum Hamburger prügeln. („Or would that be a ‚cheeseburger‘?)

(Nachlesen kann man die Story im Sammelband Shazam! A Celebration of 75 Years.)

Justice League und Justice Society auf Earth-S

Justice League of America #137 (1976), Superman vs. Shazam (1978) (DC Comics)

Die erste offizielle Konfrontation zwischen Superman und Captain Marvel findet zwei Jahre später, in Justice League of America #137 (1976) statt. Die Story beginnt bereits in #135: Die Justice League und die Justice Society reisen zur Earth-S, wo sie der Shazam’s Squadron of Justice im Kampf gegen King Kull beistehen. Im dritten und letzten Teil stößt dann Captain Marvel offiziell auf Superman, der allerdings durch den Einfluss von rotem Kryptonit böse wird. Cap provoziert ihn, indem er behauptet, stärker zu sein als er. Superman will ihn daraufhin umbringen, sie fliegen aufeinander zu, da spricht Captain Marvel das Zauberwort, der darauffolgende Blitz bringt Superman wieder zur Vernunft und er rettet den fallenden Billy Batson.

Das erste offizielle Treffen zwischen Superman und Captain Marvel enttäuschte. (DC Comics)

Kurz gesagt: Die Begegnung, auf die die Leser gewartet haben (wie es auf dem Cover heißt), die große Konfrontation, wegen der man das Heft gekauft hat, nimmt gerade einmal drei popelige Panels ein. Es wird nicht einmal zugeschlagen! Schiebung!

(Nachlesen kann man die Story im Paperback Crisis on Multiple Earths: Crisis Crossed, 2022.)

Epischer Kampf im Großformat

Darauf müssen die Fans noch zwei weitere Jahre warten. Dann aber bekommen die beiden Helden ein gemeinsames Special im Überformat. Wie schon bei Wonder Woman und Muhammad Ali gibt es einen epischen Kampf auf 72 riesigen Seiten von All-New Collectors‘ Edition #C-58 (1978). Anlass dazu gibt der böse Zauberer Karmang vom Mars. Nachdem er auf der Suche nach Unsterblichkeit seine ganze Spezies ausgelöscht hat und seitdem von einer Milliarde Geistern geplagt wird (man nennt es auch das Gewissen), will er die Geister zur Ruhe schicken, indem er Earth-One und Earth-S miteinander kollidieren lässt, sprich: vernichtet, also noch mehr Menschen umbringt.

Dazu ist es aus irgendeinem Grund nötig, die beiden größten Helden der jeweiligen Planeten in einem gemeinsamen Kampf abzulenken. (Alle anderen Helden haben anderweitig zu tun.) Also lässt er zunächst Doppelgänger Streit auf den jeweils anderen Erden anfangen: Black Adam gibt sich bei Superman als Captain Marvel aus, der Quarrmer (ein Formwandler) als Superman bei Captain Marvel. Superman ist hinterher so wütend, dass er den Captain schon wieder umbringen will. Als sie sich wieder begegnen, beschimpfen die beiden sich wie Wrestler oder gar Straßenschläger. Dann prügeln sie sich stundenlang rücksichtslos durch ganz Nordamerika, bis auch das Militär einschreitet.

Die einzigen, die bei Verstand bleiben, sind die Frauen: Mary Marvel und Supergirl verbünden sich, finden heraus, was los ist, und fliegen zum Mars, um den Schurken zu stoppen. Erst als Superman Captain Marvel niederschlägt, erkennt er den Wahnsinn, bereut seine Tat und wird vom Zauberer Shazam aufgeklärt. Gemeinsam stoppt man die beiden Maschinen, die die Welten zerstören sollen.

Doch so ganz vernünftig geht es auch bei den Frauen nicht zu: Mary Marvel verknallt sich in Superman und schwärmt von ihm, wirft sich ihm zum Schluss um den Hals. Daraufhin tut es Supergirl ihr gleich mit Captain Marvel, doch dann gebietet die Schwester dem Liebestreiben Einhalt. Supergirl solle sich einen anderen in ihrem Alter nehmen, denn Billy Batson ist ja immer noch minderjährig.

Superman vs. Shazam (von Gerry Conway und Rich Buckler) löst nicht nur ein, was bisher nur angeteast wurde, es ist auch eine ziemlich kurzweilige Unterhaltung für Fans solcher Crossover. Nachlesen kann man sie im Paperback Superman vs. Shazam (2021), aber richtig genießen lässt sie sich erst im Originalformat. Soeben hat DC als Facsimile herausgebracht.

Aber das ist erst der Anfang einer langen Story …

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