
Bitte sprechen Sie langsam: Batman versucht sich mit Deutsch.
Batman kann alles. Außer Deutsch. Als er einmal in Österreich auf einen Mönch trifft (Gothic, Legends of the Dark Knight #8), spricht er zwar flüssig Deutsch, aber als der Mönch antwortet, bittet Batman ihn darum, langsamer zu sprechen, da sein Deutsch dafür nicht gut genug sei. Aber zum Glück spricht der Abt, auf den er später trifft, perfekt Englisch und Batman kehrt zurück in die Komfortzone.
Wer kann es Batman verübeln? Schon Mark Twain widmete 1880 der „schrecklichen deutschen Sprache“ einen bösen Essay, in dem es heißt:
Wer nie Deutsch gelernt hat, macht sich kein Bild davon, wie verwirrend diese Sprache sein kann. Gewiss gibt es keine andere Sprache, die derart schlampig und unsystematisch ist und sich jeglichem Zugriff auf so schlüpfrige Weise entzieht. (…) Der Erfinder dieser Sprache scheint sich einen Spaß daraus gemacht zu haben, sie in jeder erdenklichen Weise zu verkomplizieren.
Natürlich hat er Recht: Deutsch ist sogar für Deutsche zu kompliziert. Nun muss man Twain dafür loben, dass er immerhin versucht hat, die Sprache zu lernen und es offenbar auch gut beherrschte. Das gilt für die meisten Amerikaner nicht, die ohnehin nicht für Fremdsprachenkenntnisse bekannt sind – wozu auch, wenn die meisten ihre Sprache sprechen? Und dieser Bildungsmangel macht sich auch in den Comics deutlich – und gerade beim Deutschen hat das Tradition.

Nazi-Denglisch: Batman #14, 1942 (DC Comics)
Seit den 40ern tauchen Deutsche in Comics auf. Zunächst als Nazis, vor allem Spione. Man erkannte sie daran, dass sie so etwas wie „Halt!“ oder „Himmel!“ riefen. „Führer“ wurde aber meist mit normalem U oder mit UE geschrieben. Die Deutschen sprechen meist Mischformen von Deutsch und Englisch, gepfeffert mit einem starken Akzent: „Himmel! It iss too late! Step on der Gas!“, heißt es da, oder: „Der Batman’s finished! Heil Hitler!“ oder „Der hour has struck — also mein head!“(Batman #14). Im Zweifel lautet der Artikel immer „der“, das klingt am deutschesten.

Wem die Stunde schlägt: Robin gegen Nazis.
Aber gut, das waren noch andere Zeiten: die Deutschen waren noch Feinde wie die Japaner, die in den Comics während des Zweiten Weltkriegs genauso schlecht wegkamen. Doch seitdem änderte sich kaum etwas an der Qualität des Deutschen in Comics.
Auch in den 70ern wurde es nicht besser. Hier rufen Österreicher, wenn sie entsetzt sind, „Himmel!“, allerdings kennen sie mittlerweile auch „Donnerwetter!“ Und aus „der Batman“ (oder „der Fledermaus“) wird „der Fledermausmann“ (The Brave and the Bold #88, 1970). Das hat natürlich weder in Deutschland noch in Österreich je ein Mensch gesagt. Auch bei uns ist Batman einfach nur Batman – schon allein wegen der Kürze. (Anders als in Schweden, wo man von 1951 bis 1990 „Läderlappen“ schrieb, womit man die Fledermausfamilie der Glattnasen bezeichnet.) Aber „der Fledermausmann“ klingt halt so schön nach Lokalkolorit. Warum aber ein Österreicher „Denglisch“ denkt, bleibt etwas schleierhaft.

„Himmel! Der Fledermausmann!“
Im Zweifel ist auch der Österreicher ein Ordnungsfanatiker, der gerne andere zurechtweist: „Nein! Nein! Verboten!“, liest man da, als Batman ein Riesenrad erklimmt. Und warum ein Riesenrad? Na klar, wir sind ja in Wien – das kommt auch schon in Gothic vor. (Und: Der Dritte Mann lässt grüßen.)
Anfang des neuen Jahrtausends scheint es zunächst besser zu werden. In Joker’s Last Laugh #1 liest man, wie ein deutscher Insasse einer Haftanstalt sagt: „Das ist der schonste Tag in meinem Leben!“ Bis auf den fehlenden Umlaut ist der Satz bemerkenswert tadellos.

Das ist der korrekteste deutsche Satz in einem Batman-Comic. (DC Comics)
Doch das wird noch in derselben Ausgabe wieder zunichte gemacht mit dem Satz: „Wir bist frei.“ Damit haben sich auch die Autoren von den Zwängen der deutschen Grammatik befreit.

Frei von den Fesseln der Grammatik: Jokers Last Laugh #1.
Und nicht nur in Batman-Comics findet man solche Sprachpatzer. In Daredevil #66 (2004) leistet sich ein Profi wie Brian Michael Bendis eine ganze Reihe von kuriosen Sätzen: „Aber was über die Diamanten!“ ist noch verzeihlich, fast schon drollig liest sich „Jemand töten diesen Fruchtkuchen!“ Aber ein Satz ergibt einfach keinen Sinn: „Gerecht schieben sie ihn und halten sie das Geld!“ Da scheint jemand eine Auto-Übersetzung auf dem Stand der Nuller-Jahre benutzt zu haben – ohne das Ergebnis zu prüfen.
- „Aber was über die Diamanten.“ Im Zweifel tun’s auch Sprachperlen wie diese.
- Erledigt das Früchtchen oder noch schöner: „Jemand töten diesen Fruchtkuchen.“
- Deutsch, das Rätsel aufgibt: „Gerecht schieben sie ihn und halten sie das Geld!“
Da fragt man sich: Wie kommt so eine Schlamperei zustande? Dass weder Autoren noch Redakteure Deutsch können müssen, versteht sich von selbst. Anscheinend behelfen sie sich mit Wörterbüchern und dem Internet. Aber offenbar konsultieren sie auch niemanden, der der Sprache mächtig wäre. Selbst in einem aufwendigen und minutiös recherchiertem Werk wie Berlin von Jason Lutes finden sich Fehler in den eingesprengten deutschen Sätzen. Im Zweifel fällt es kaum einem auf: Die US-Leser wissen es ja selbst oft nicht besser und die Deutschen lesen meist Übersetzungen.
Dass es auch anders geht, zeigt Altmeister Alan Moore. In The League of Extraordinary Gentlemen Vol. 1 lässt er Figuren Französisch, Chinesisch und Arabisch sprechen – ohne Übersetzung ins Englische. In den Sprechblasen stehen die Zeichen der jeweiligen Originalsprachen. Dafür hat Moore Übersetzer beauftragt. Ein bisschen Aufwand, ein bisschen Kosten, aber Moore macht eben keine halben Sachen. Auch in dieser Hinsicht sollten sich andere Autoren an ihm ein Vorbild nehmen.

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