Autorin/Zeichner: Kelly Thompson/Hayden Sherman
Erschienen: 2024-2025 (Absolute Wonder Woman #1-7), Paperback/Hardcover 2025; dt. Panini 2025 (Heft 1 enthält nur #1-3)
Das Prinzip des Absolute-Universums war es bisher nicht nur, Helden wie Superman und Batman neu zu definieren, sondern vor allem aufs Nötigste herunterzubrechen. Batman hat keine Reichtümer, keinen Butler, kein Anwesen, keine Bathöhle (trotzdem aber reichlich Gadgets), Superman hat kein Doppelleben als Reporter, keine Festung der Einsamkeit etc. Und so ist es auch bei Wonder Woman: Sie hat kein Themyscira und auch keine Amazonenschwestern. Sie die letzte ihrer Art, wird als Baby vom Lichtgott Apollo in die Unterwelt gebracht, wo sie von der Hexe Circe aufgezogen wird. Die Amazonen sind nach einem Aufstand gegen die Götter in Ungnade gefallen, nicht mal ihr Name darf noch ausgesprochen werden. Divinatorische Cancel Culture!
Dann geht es sehr magisch zu: Diana reitet auf einem skeletthaften Pegasus, der Feuer speit, sie hat nur einen Arm, denn den rechten hat sie geopfert, um Steve Trevor aus der Hölle zu befreien. Sie trägt eine magische Prothese, die man bei Bedarf mit einigem Aufwand erneuern kann. Und sie kämpft gegen eine Reihe höllischer Monster, vor allem gegen den Tetracide, einen Riesen mit Tentakeln, der die Menschheit mit vier grausigen Todesarten bedroht. Dabei mutiert sie selbst zur Medusa …
Kriegerin als wandelndes Arsenal
Interessant ist hier weniger der simple Gut-gegen-Böse-Plot als die Machart. Autorin Kelly Thompson lässt sich viel Zeit, um in Rückblenden die Beziehung zwischen Circe und Diana aufzubauen. Die Ziehmutter hadert zunächst mit ihrer Rolle, will das Baby sterben lassen, bis sie entdeckt, dass es Superkräfte hat (wie Herakles). Die erwachsene Diana ist hier zwar wie üblich die gute Seele und Stimme der Vernunft, die sogar hartgesottene US-Militärs umstimmen kann, aber dafür ist sie auch mehr Kriegerin als Friedensstifterin. Sie schwingt nicht nur ein magisches Lasso, sondern auch ein riesiges Schwert, das sich bei Bedarf der Gegnergröße anpassen kann. (Ähnlich ist es mit Batman, der eine große Streitaxt schwingt.) Wonder Woman hat viele Zaubertricks und Waffen auf Lager. Im Grunde ist sie ein wandelndes Arsenal.
Hayden Shermans „saubere“ Zeichnungen sind sehr von der Ligne Claire geprägt und untypisch für Superheldencomics. Wonder Woman ist keine klassische Schönheit nach westlichen Maßstäben, Steve Trevor sieht fast schon schmächtig und zuweilen sogar androgyn aus. Es wirkt, als hätte sich der Künstler an der antiken Kunst selbst orientiert oder sei extra wegen der Nähe für diese Serie ausgewählt worden. Over the Top dürfen hier nur die Monster sein, die lovecraftsche Ausmaße annehmen. Shermans Panels nehmen zuweilen ornamentale Formen an, ähnlich wie J.H. Williams, was aber manchmal wie ein Selbstzweck wirkt und etwas verwirrend zu lesen ist.
Wonder Woman gegen Hades
Der folgende Zweiteiler „The Lady or the Tiger“ ist dagegen von Mattia De Iulis gezeichnet, was für meinen Geschmack viel zu glatt und teilweise sehr ‚künstlich‘ ausfällt. Dafür trifft Diana auf einen blau leuchtenden Hades, den Gott der Unterwelt, der sie auf die Probe stellt. Wir erfahren, wie sie Pegasus von Prometheus bekam und wie sie einen Basilisken besiegte. Dann geht es gegen eine tigerhafte Chimäre – es bleibt also sehr monsterlastig. Man hätte sich mehr Hirn als Gewalt gewünscht.
Absolute Wonder Woman hat den diesjährigen Eisner Award für die beste neue Comicserie bekommen. (Absolute Batman war ebenfalls nominiert.) Ich weiß nicht, ob ich genauso entschieden hätte, denn für eine packende Haupthandlung fehlen mir neue Ansätze, aber unterhaltsam ist die Serie allemal, vor allem wenn man auf Fantasy und Mythologie steht
Als Zwischenfazit lässt sich festhalten: Die Absolute-Reihe überzeugt.

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