Titel: Captain Marvel Battles the World
Autor/Zeichner: Otto Binder/C.C. Beck
Erschienen: 1953 (Captain Marvel Adventures #148), enthalten in Shazam!: A Celebration of 75 Years (2015)
Vor 70 Jahren erschien eine kleine, harmlose Comicstory mit einer verrückten Idee: Captain Marvel (heute „Shazam“) kämpft gegen die Welt. Gemeint ist: der Planet Erde, der hier eine eigene Persönlichkeit erhält und seine Geschichte erzählt. Die Erde wird geplagt von den Menschen, die nach Öl bohren und ihr damit weh tun, denn die ganzen Löcher dringen in ihre Haut. Der Planet rächt sich, indem er die Wolken verschwinden lässt. Dadurch scheint ungehindert die Sonne und sorgt für eine unerträgliche Hitzewelle und Dürre.
Auch Billy Batson gerät ziemlich ins Schwitzen, verwandelt sich in Captain Marvel, um einen Hydranten kaputtzutreten und die Menschen auf der Straße abzukühlen. Ein Schraubenschlüssel hätte es auch getan, aber irgendwie muss man seine Superkräfte dienstbar machen. Doch diese punktuelle Lösung reicht natürlich nicht. „Holy Moley!“, sagt sich Cap. „This is the opposite of the ice age earth had long ago! This is a horrible heat age!“
Ein Comic zur Klimakrise
Und plötzlich scheint die Geschichte nicht mehr im Jahr 1953 zu spielen, sondern 2023, denn genau das ist es, was derzeit schleichend passiert. Während die Menschen Öl, Kohle und Gas verbrennen, heizt sich das Klima auf, wir steuern auf eine globale Katastrophe zu, die unsere Lebensgrundlage zerstört. Wir haben es mit einem übermächtigen „Gegner“ zu tun, mit dem man nicht verhandeln kann – allerdings ein Gegner, der es eigentlich gut mit uns meint. Also kämpfen wir eigentlich gegen uns selbst.
Captain Marvel kommt noch nicht auf die Idee, dass die Ursache beim Menschen liegt. Erdöl ist in den 50ern noch unverdächtig und Symbol des wachsenden Wohlstands. Doch auch er sieht, dass er diesen scheinbaren Gegner nicht wie einen Schurken behandeln und einfach kaputtprügeln kann. Also versucht er sich darin, das Wetter zu beeinflussen. Er holt einen Asteroiden aus dem All und erschafft aus dem Eis Wolken. Die Hitzewelle ist vorüber. Die Erde rächt sich, indem sie Eisberge gegeneinander knallen lässt, dadurch entstehen Vibrationen, die Häuser zum Einsturz bringen. Captain Marvel steckt ein Kissen zwischen die Eisberge – Problem gelöst. Dann fährt die Erde das schwerste Geschütz auf: Sie löst Südamerika aus ihren Angeln und versucht, den Kontinent gegen Nordamerika prallen zu lassen. Unser Held kann auch das mit Muskelkraft verhindern.
Schließlich rast ein riesiger Komet auf die Erde zu. Cap besorgt sich einen Klumpen Plutonium und lässt mit dieser improvisierten Atombombe den Kometen explodieren, bevor er aufschlagen kann. Der Mond redet der Erde daraufhin ins Gewissen: Schämst du dich nicht? Sie könne froh um die Menschen sein. Er selbst beneide sie darum. Ja, sagt die Erde. Immerhin seien sie unterhaltsam zu beobachten.
Die Erde ist schließlich in doppelter Hinsicht befriedet. Sie lässt die Menschen munter weiter nach Öl bohren … Doch am Ende regt der Planet sich auf, weil Billy ihn öffentlich „Mother Earth“ nennt. Das bringt ihn am meisten zum Kochen, weil er sich offenbar für einen Mann hält. Damit kriegt die Story sogar noch einen Spin in Richtung Genderdebatte – zeitgemäßer kann ein Comic aus dem Golden Age kaum sein.